altemaelze

Hopiumforthemasses

Ministry

Flach und uninsprierend!

Regime steigen und fallen. Stars leuchten und verblassen. Trends kommen und gehen – aber Ministry lebt weiter. Die sechsfach für den GRAMMY® Award nominierte und mit Multiplatin ausgezeichnete Band, gegründet und angeführt von Al Jourgensen, sickert seit mehr als vier Jahrzehnten durch die dunkelsten Ecken der Populärkultur und infiziert den Mainstream, indem sie genüsslich akustische Galle durch die Ritzen der Fassade des Systems spuckt. Geboren in den Achtzigern, überlebten sie die Neunziger, überstanden die Jahrhundertwende und hielten sogar eine gottverdammte Pandemie durch. Ministry zeigen keine Anzeichen von Stillstand oder Verlangsamung – nicht einmal für einen Atemzug. Stattdessen schmettert die Band – „Uncle Al“, zusammen mit John Bechdel [Keyboards], Monte Pittman [Gitarre], Cesar Soto [Gitarre], Roy Mayorga [Schlagzeug] und Paul D’Amour [Bass] – auf ihrem neuen Opus und sechzehnten Longplayer „Hopiumforthemasses“ eine weitere Ladung Industrial Metal. Die Gitarren krachen, das Schlagzeug rumpelt, und Al ist so rechtschaffen zänkisch wie eh und je über eine abgefuckte Welt. Er wettert also wie immer gegen eine ‚beschissene‘ Welt, die einen Tritt in den Hintern verdient. „Genau wie du oder jeder andere bin ich einfach nur ein Passagier in diesem Leben“, sagt Jourgensen. „Ich beobachte soziale, politische und wirtschaftliche Veränderungen und kommentiere sie, weil ich das Recht habe, mich zu äußern. Viele Leute sagen, Künstler und Sportler sollten die Klappe halten und mitspielen. Nein, ich bin auch auf diesem Trip. Wenn ich etwas sehe, sage ich etwas. Das wirkt sich auf jedes Album aus. Anstatt sitzen zu bleiben und über zerbrochene Beziehungen, inneren Aufruhr oder was auch immer diese Woche schmerzt zu singen, kommentiere ich das Geschehen aus der Perspektive eines Mitreisenden.“ Irgendwie hat es Frontmann Al Jourgensen vier Jahrzehnte nach ihrer Gründung geschafft, die Industrial-Pioniere Ministry am Leben zu erhalten und wieder ein komplettes Album zu veröffentlichen. Nachdem sie im Laufe der Zeit einige Blindgänger abgeliefert haben, sind die Erwartungen an „HOPIUMFORTHEMASSES“ allerdings nicht allzu hoch, und das ist auch gut so, denn trotz der besten Bemühungen aller Beteiligten ist es eine „ausgesprochen flache und uninspirierende Sammlung“ schreibt das englische Magazin „Kerrang“. Zwar gibt es durchaus Abwechslung auf den neuen Tracks des Albums – „TV Song“ ist ein geradliniger Thrasher, „It’s Not Pretty“ beginnt grüblerisch und akustisch, während „New Religion“ eine Art Slayer in halber Geschwindigkeit ist – aber obwohl es nur 42 Minuten dauert, fühlt es sich an, als würde es sich ewig hinziehen. Und der ausgiebige Gebrauch von Samples, um daran zu erinnern, dass es sich um ein Industrial-Album handelt, wirkt ermüdend. Aufgelockert wird das Ganze durch Gastauftritte, denn Al bringt seine ebenfalls politisch engagierten Freunde mit an den Tisch. So schimpft Jello Biafra auf „Aryan Embarrassment“ und klingt nach all den Jahren immer noch genervt. Eugene Hutz von Gogol Bordello übernimmt den Leadgesang bei „Cult Of Suffering“, dem wohl besten Stück, das mit viel Orgel über den Grooves daherkommt. Das ist wirklich schade, denn Ministry waren einst eine der aufregendsten Alternative-Bands überhaupt, was heute nicht mehr der Fall ist. (Nuclear Blast Records) P.Ro

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