altemaelze

Bright Lights, Big City

Jeanne Carroll feat. Wolfgang Bernreuther

Die Aufnahmen für dieses Album wurden 1992 und 2000 gemacht, sind praktisch historisch und zeigen zwei beseelte Musiker – Jeanne Carroll und Wolfgang Bernreuther, die an der gigantischen Blues-Geschichte ein weiteres, wichtiges Kapitel mitgeschrieben haben. Unser Album in der Reihe “Sound-Report: Platten aus der Region” für den März, das als Vinyl-Scheibe vor einigen Jahren wieder veröffentlicht wurde.

Schon der Opener, Titeltrack „Bright Lights, Big City“ zeigt, wo der musikalische Hammer hängt. In bester, authentischer Jimmy-Reed-Tradition schiebt Wolfgang Bernreuther mit seiner Akustik-Gitarre wie ein Mississippi-Dampfer durch den Klassiker. Tim Hickey aus Chicago legt darüber herrlich jazzig angehauchte Blues-Licks mit seiner halbakustischen Gibson-E-Gitarre. Bernreuther steuert noch ein erdiges Slide-Gitarren-Solo mit seiner Höfner Club 50 bei. Rudi Bayer am Kontrabass ist der Mann der tiefen Töne, genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Herrlich, wie dieses Können aus den Stereoboxen schnurrt. Und dann diese Stimme. Diese Ausdrucks- und Strahlkraft, diese Tiefe und diese unnachahmliche Wärme, geboren aus leidenschaftlicher Emotion, gehen ungefiltert auch ins Gemütszentrum des Hörers. „The Blues heals the blues“, sagte einst Willie Dixon. Wie wahr! „Good Morning Blues“ und das countryeske „Make Me A Pallet On The Floor“ sind weitere Höhepunkte der A-Seite. Die vier Songs wurden im Jahr 2000 aufgenommen und ergänzen das in streng limitierter Only-Vinyl-Edition erschienene und schon lange ausverkaufte „Wild Women Don’t Have No Blues“-Album. Die Songs auf Seite B wurde 1992 im Regensburger C2 Tonstudio aufgenommen. „I Had A Good Friend“ ist eine Komposition von Jeanne Carroll. In diesem Lied betrauert Carroll den verstorbenen Blues-Pianisten und Sänger Champion Jack Dupree. Die Melancholie und Gefühlsintensität schwingt in jedem einzelnen Ton mit. Bassist Klaus Schudy spielt ein wunderschönes Bass-Solo und lässt die Melodiebögen in ferne Klangwelten schweben. Bernreuther lässt aus seiner Gibson Les Paul herrliche Blue Notes perlen. Es folgt der Sonny Boy Williamson-Klassiker „Help Me“, der so herrlich groovt und einen nicht mehr ruhig sitzen lässt. Die Modulationsfähigkeit der Stimme Carrolls erscheint grenzenlos. Und dann singt Carroll die Ballade „I Wonder Why“, eine Komposition von Bernreuther. Die Ausdruckskraft ihrer Gesangs-Töne ist gigantisch, man kann sie nicht beschreiben, man muss sie erhören. Abgerundet wird die B-Seite durch die beiden Carroll Originals „Blues Breakdown“ und „Boogie Bound“. Die beiden Tracks lassen an musikalischer Spannung nichts zu wünschen übrig und das bei minimaler Instrumentierung. Oder vielleicht gerade deshalb?
Wolfgang Feder, der Sound-Guru aus Köln, hat wieder seine höchsten Qualitäts-Spuren beim Remastering hinterlassen. In seinem Kölner Studio wurden die Stücke von den originalen Analogbändern sorgfältig remastert. Warm, druckvoll, nachhaltig, räumlich und satt ist der Klang – der „Spirit“ der Songs wurde bewahrt. Schließt man die Augen, meint man, die Band sitzt im Halbkreis vor einem im heimischen Wohnzimmer. Werner Meyer hat ganz in der Tradition des Visual-Art-Designs ein einzigartiges Cover gezaubert. Seine eindrucksvollen, ausdrucksstarken Fotos aus den USA erzählen die Drehbuch Story der „Bright Lights, Big City“, das Innersleeve zieren Live-Fotos von Carroll und Bernreuther. (Da Capo)