Vielleicht verkörpert niemand die Musik der Motor City besser als der Mann, der seiner ersten Band den Namen Detroit Wheels gab. Mitch Ryder startete seine Karriere in den glorreichen Tagen des Rock’n’Roll der 60er Jahre, wo er sich mit einer Mischung aus starken Live-Auftritten und Hitsingles einen Namen machte. Und wie Neil Young sagte, ist es besser, auszubrennen, als zu verblassen, und genau das geschah mit der ursprünglichen Band, als ihr wilder zweijähriger Höhenflug von 1965 bis 1967 ihnen zwar Ruhm, aber leider kein Vermögen einbrachte und die Band dabei auseinander riss. Aber wie das Klischee besagt, macht das, was einen Mann nicht umbringt, ihn manchmal nur stärker. Über Jahrzehnte und musikalische Trends hinweg, die kamen und gingen, blieb eine Sache bei Ryder konstant: die Energie, die er auf die Bühne brachte. Und das reichte aus, um die Fans seit seinem ersten Auftritt 1963 als Frontmann von Billy Lee & the Rivieras bei den Konzerten zu halten, vor allem seit seinem denkwürdigen Rockpalast-Auftritt in den 80ern. In den über sechs Jahrzehnen seines musikalischen Schaffens hat Mitch Ryder große Erfolge gefeiert und einige Rückschläge eingesteckt, seinen Biss und seine Vision aber hat der inzwischen 79-jährige „mit dem lauernden Vibrato in der Stimme“ nie verloren und ist heute so agil wie zu frühen Zeiten. Das zeigt er auch auf seinem neuen Live-Doppel-Album, das überwiegend während seiner Deutschland-Tourneen 2019 und 2020 in der „Kulturbrauerei“ in Berlin und „Tante Ju“ in Dresden aufgezeichnet wurde, nur „Ain’t nobody white“ kommt aus der „Harmonie“ in Bonn vom Konzert am 8. März 2020. Mit seiner Live-Band für die Europa-Konzerte – der Berliner Band Engerling – ist er seit knapp 30 Jahren live in unserer Republik unterwegs (immer zwischen Februar und März), und in Sachen Integrität, Power, Selbstachtung und Leistung sind der Shouter aus Detroit und die Berliner immer stärker zusammen gewachsen. Der hier vorliegende Livemitschnitt enthält 15 Tracks aus allen Karrierephasen, und unter den Songs sind natürlich auch Cover-Versionen, wie z.B. von „Tuff Enuff“ (Fabulous Thunderbirds), „Heart Of Stone“ (Rolling Stones), „Subterranean Homesick Blues“ (Bob Dylan) und „Soul Kitchen“ (The Doors), was ja typisch für Ryder-Konzerte ist. Man erlebt MR hier in großartiger Form – bluesig, soulig – und mit viel Feeling liefert der R’n’B-Veteran herzlich und hochwertig ab, und das obwohl er damals bereits 75 Jahre alt war. Aber wie Keith Richards mal sagte, Mitch Ryder gehöre „zu den aufregendsten Sängern, die je in der Musikszene aufgetaucht sind“ – der Mann hat recht! Übrigens stammen die beiden Innenfotos auf diesem Album von Bernd Schweinar, dem früheren bayerischen Rockindentanten, und leider macht Ryder auf seiner aktuellen Tour heuer wieder mal keinen Halt in Regensburg, aber am 6. März rockt er den „Hirsch“ in Nürnberg. Aber dafür gibt’s dieses Album, oder noch besser – sich mit diesem Album auf das Konzert in Nürnberg einstimmen! (Ruf Records) P.Ro

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