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Tribute an Armin Christoph

Bandkollegen gedachten seiner im Literatur-Café in der Spiegelgasse

Der Sänger und Keyboarder der Regensburger Rockband „Crample“ verstarb letztes Jahr im Alter von 68 Jahren – eine Würdigung von Peter Geiger

Als ich Teenager war, also zu Beginn der 1980er Jahre, da hing zuhause über meinem Schreibtisch ein Zeitungsausschnitt. In einem Bericht des legendären Günter Schießl stand da in der „Mittelbayerischen Zeitung“ zu lesen, dass weit über tausend meist jugendliche Zuhörer beim vierten Rockfestival am Sarchinger Weiher zu Gast gewesen seien. Das Idyll („eisgekühltes Bier und Bratwürstl vom Rost wurden auf mitgebrachten Decken, Schlafsäcken, Liegen und Hängematten verzehrt“), so urteilte der Chronist streng, war freilich getrübt, durch die „großen Pausen, die durch die Umbauten auf dem zur Bühne umfunktionierten Ladewagen entstanden waren“. Auch wenn nicht nur das Zeitungspapier mittlerweile vergilbt ist, sondern auch die präzise Erinnerung an diesen Sommerabend vor rund 40 Jahren: Diese unerfreulichen Begleitumstände sind völlig getilgt, aus meinem höchstpersönlichen Gedächtnisspeicher. Geblieben ist nur das Positive. Etwas staksig heißt es, dass „für heiße Rhythmen“ die „Gruppen Chambergrass, Onyx, Ba Rock sowie die Bluesinterpreten Max Vilser und Gereon Piller“ gesorgt hätten. Während ich mich daran kaum mehr erinnere, seh ich in bunten Farben aber noch die ebenfalls im Text genannten „Crample“ vor mir! Die Rockband war zwischen 1977 und 1985 das musikalische Aushängeschild von Regensburg. Ihre Leuchtturmqualität bezog die Band nicht allein daraus, dass sie mit Hans Pritschet (der bei den Domspatzen ausgebildete Multiinstrumentalist leitet heute das mit dem Opus Klassik prämierte Renner-Ensemble) auf mehrstimmigen Gesang und mit dem 2015 verstorbenen Saxophonisten Uwe Hoffmeister auf Bläser setzten. Sie hatten sogar – wie US-Größen der damaligen Zeit – ein eigenes Logo! Und beim von Günter Schießl eingefädelten „Woche“-Wettbewerb hatten sie früh schon die „Goldene Triangel“ gewonnen. Und wurden dementsprechend herumgereicht und traten in der Dortmunder Westfalenhalle auf.

Crample – 1983 – Armin Christoph (zweiter von rechts)

Die wichtigste Währung dieser Jahre freilich waren eigene Veröffentlichungen. „Crample“ gelang es, zwei LPs zu produzieren. Hatten sie sich auf „Right in Time“, ihrem 1979er Debüt, noch unter der Ägide von Eberhard Stoiber an gängigem US-Folk der Marke „Eagles“ oder „Crosby, Stills, Nash & Young“ orientiert, ließen sie es vier Jahre später bei „In your Hand“ deutlich rockiger angehen. Mit diesem zweiten Album lieferten sie einen in der „Bravo“ sehr wohlwollend rezensierten wie auch ansonsten weit überregional zur Kenntnis genommenen Beitrag ab, der sich ziemlich selbstbewusst und routiniert im Windschatten damaliger Trendsetter wie „Foreigner“, „Toto“ oder „Saga“ bewegte. Warum es dann doch nichts wurde, mit der großen Karriere? Günter Krempl, der namensspendende Gitarrist („Doktor Krempls Knatter Combo“, so hatte der erste Arbeitstitel der Formation gelautet, die ihr Glück bei Schulbällen fand), lacht kurz: „Ja, schade – aber das ist alles Schnee von gestern!“ Gemeinsam mit dem Bassisten Markus Mayer war der gebürtige Kärtner „1975 oder so“ bei einer Sportlerparty an der Uni zu Gast. Dort erlebten sie ein Trio, mit einem in ihren Ohren sensationellen Organisten: „Der spielte wie Manfred Mann. Und konnte obendrein singen wie Stevie Winwood!“, erinnert sich der heutige Holzbildhauer: „Genau so einer fehlte noch, in unserer Band!“ Weil sie es aber versäumt hatten, ihre Entdeckung gleich anzusprechen, mussten sie – die Zeiten waren so – sich mit Hilfe des städtischen Telefonbuchs annähern. Markus Stich wiederum erinnert sich, dass er als 16-jähriger Gymnasiast beim mittlerweile zum Leader avancierten Armin Christoph vortrommelte. Und dass die Chemie zwischen ihnen sofort stimmte. Um dann bei den Aufnahmen für „In your Hand“ dabei sein zu können, musste er seine Abiturvorbereitungen immer wieder unterbrechen. Nur so ließ sich gewährleisten, dass er mit seinem grünen R4 zu den Aufnahmesessions nach Geislingen an der Steige, wo das Studio war, anreisen konnte.

Ziemlich genau vor einem Jahr, am 22. November 2022, ist Armin Christoph im Alter von 68 Jahren verstorben. Die Crew von „Crample“ erwies ihm nicht nur am Grab die letzte Ehre, sondern lud ihm zu Ehren anlässlich des ersten Todestag ins Literatur-Café ihres alten Kumpels Peter Skrabut in der Spiegelgasse zu einer Gedenkstunde ein. Die Erinnerungen an Armin Christoph freilich sind bei vielen Regensburgern noch quicklebendig. Bei „Crample“ war er das, was man den „musikalischen Kopf“ nennt: Der studierte Gymnasiallehrer für die Fächer Deutsch und Sport komponierte, textete, sang – und spielte Keyboards. Die Hammond B3, das Yamaha CP70 E-Piano und ein Moog Synthesizer waren dabei seine Leib- und Mageninstrumente. Nach der Auflösung der Band war Armin Christoph nicht nur Teil der Live-Band von Jürgen Drews, sondern vor allem das musikalische Herz der Traumfabrik. Er gründete eine Agentur in Tegernheim und war ein ziemlich gefragter Veranstaltungsmanager. Im Herbst 2022, bei der „Nacht der Wissenschaften“, da sei man sich zufällig über den Weg gelaufen – und habe sich „auf demnächst“ verabredet, berichtet Markus Stich.

Hier in der Spiegelgasse sind am Abend des Buß- und Bettags Freunde, Wegbegleiter und Familienmitglieder versammelt. Vorne, im Schatten riesiger Bücherregale, hat sich ein Trio gruppiert, das drei besondere Songs von Armin Christoph interpretiert und diese auf die Mini-Besetzung runtertransponiert hat. Das ist ganz wörtlich zu verstehen, denn Markus Stich, der an diesem Abend nicht nur den Keyboard-Part, sondern auch den Gesang übernimmt, er kommt mit seiner Bassstimme einfach nicht so hoch wie Armin Christoph mit seinem Tenor. Bassist Markus Mayer wiederum hat zwar „Just with you“, „Weekend with you“ und „Mary“ noch intus, hat sich aber bis zur letzten Minute im Übungsraum damit beschäftigt, die neuen, ungewohnten Griffmuster einzuüben. Bernhard „Al“ Kreuzer, der irgendwann in der Endphase den Posten von Günter Krempl an der Gitarre übernahm, improvisiert sich, wie er sagt, mehr oder weniger durchs Programm. Aber alles, was er seiner akustischen Gitarre entlockt, an Soli oder Fill-ins, klingt gleichermaßen souverän wie routiniert.

Das Publikum verlangt nach den drei dargebotenen Songs zwar lautstark nach Zugabe – ist aber schließlich auch zufrieden, die verbleibende Zeit nutzen zu können, in Erinnerungen zu schwelgen. Und sich ganz dem hinzugeben, was Armin Christoph sicher das liebste gewesen wäre: sich ihm und seiner Band, die „Crample“ hieß und für ein paar Jahre das musikalische Aushängeschild Regensburgs war. Denn wie lautet einer der Refrains? „Just with you – we make the night a little brighter!“