Der Blues? Bekanntlich ist er nichts anderes als der Blues. Er steht für sich selbst. Das gilt selbstredend auch für Wolfgang Bernreuther und seine fünf Begleiter, die sich gemeinsam „Blues with a Feeling“ nennen und genau dafür einstehen. Der Blues, er zieht so in den Bann, weil er einfach ist. Weil er laut ist. Weil er davon lebt, dass sich seine zwölf Takte immer wieder aufs Neue wiederholen. Weil er musikalischer Ausdruck der Idee von der ewigen Wiederkehr ist. Langweilig ist er aber allein deshalb nicht, weil er variabel ist. Weil sich seine Takte und Rhythmen verschieben. Weil immer wieder Neues auftaucht, an seinem rauen Klanghorizont. Und: Weil in seiner Kraft und Unbeherrschtheit auch das Potenzial verborgen ist, sein eigenes Gegenteil hervorzubringen. Weil er leise sein kann. Weil Bandleader Wolfgang Bernreuther nur ein Zeichen zu geben braucht: Und dann verstummt sie schon, seine Combo. Und gibt er nochmal ein Zeichen, dann bewegt sich der Klangkörper wieder weiter, auf dem „Alabama Trail“ etwa, einem Song von Louisiana Red, den sie deshalb seit vielen Jahren im Programm haben, weil sie lange mit der 2012 verstorbenen Blueslegende gemeinsam musizierten. Hier, an diesem magischen Samstagabend beim Jazzweekend, spüren sie es selbst, dass alles hinhaut. Dass everything alright ist. Dass all der Ärger des Alltags abfällt. Und dass sich alles auflöst, im Wohlgefallen des Klagegesangs. Weil alles wie am Schnürchen funktioniert. Weil das Publikum schwelgen will. Weil sich die Leute fallen lassen wollen. Weil sie mitschwingen. Wippen. Und sich wiegen lassen. Sich anstacheln lassen, von Tom Feiners Mundharmonika. Sich tragen lassen, von warmen Orgelsounds des Robert Seitz. Sich den Riffs der Gitarren und dem „dididippdippdipp“ der Bassfiguren unterwerfen – um dann auf dem Wellenkamm der Rhythmen hinüberzugleiten, ins Gelobte Land der beiden solierenden Gitarristen Wolfgang Bernreuther und seiner sitzenden Kollegin Mona. Formvollendete eineinhalb Stunden Ekstase sind das. 90 Minuten Balsam für die Seele. (Peter Geiger)