Wir hatten drei Kinder und es war schon mega-aufregend. Opa und Oma Well hatten gleich eine ganze Fußballmannschaft plus Reservebank. Und die wiederum haben inzwischen auch Kinder. Moni Well schätzt das grob von der Bühne herunter auf „35 bis 40 Cousinen, Cousins und Neffen“. Satte 14 aus der Gesamtsumme inklusive zweier Gäste stehen ab und an als „ALL WELL“ auf der Bühne. „Selten, weil es so schwierig ist gemeinsame Termine zu finden“, so Stofferl Well zu Beginn eines überaus abwechslungsreichen und gerade auch deswegen so interessanten Abends.
Es geht querbeet durch etliche Musikrichtungen, wie sich die Talente und Geschmäcker der Großfamilie halt in ihren Facetten entwickelt haben. Und es geht auch durch die Generationenansätze und deren verschieden relevante Themen: von traditionell regierungsdableckenden Well-Brüdern, über die schrillen Gags der Wellküren, bis zu Maresa & Matthias Wells Persiflage auf Schönheitsoperation bei Jugendlichen. Stilistisch ein durchaus „harmonischer WELLenritt“ durch viele Genres. Gstanzl beißt sich nicht mit Händel, Streichquartett mag es ohnehin gerne auch balkanesk, Latin trifft auch auf Alphörner. Egal, ob nur instrumental oder derb bis beschaulich mit Text – dem Opa und Oma Well sei Dank, dass sie so fortpflanzungsfreudig waren und Opa als Lehrer auch in die musikalische Ausbildung seiner Kinder investierte.

Ja selbst die englischsprachige Singer/Songwriter-Performance von Benedikt Hösl mit Gastviolinist Jörg Blumenstein aka „Deen Blumenstein“ vermag durch die nasale Gesangsstimme und Songqualität zu begeistern. Bene ist der Sohn von Moni Well. Alle anderen verwandtschaftlichen Verhältnisse wurden immer wieder erzählt, manchmal wiederholt. Aber in Summe ging der Durchblick verloren und wäre es im Gedächtnis geblieben, würden diese Zusammenhänge hier den Platz sprengen. Alle sind fantastische Multiinstrumentalistinnen und -Instrumentalisten. Auch das Nesthäckchen wird sanft herangeführt und darf begleitend an der Violine Bühnenerfahrung schnuppern. Da bekommt der Begriff „Harmonie“ in der musizierenden Großfamilie gleich noch eine doppeldeutige Kraft!
Das insbesondere „die Alten“ mit ihrer auch verbalen Kraft klotzten, war ein weiteres Highlight. Vorweihnachtszeit? Egal! Personalprobleme der katholischen Kirche sind ja nicht zu leugnen. Zuletzt war der Dorfpfarrer aus Pakistan. Die CSU hat den aber gleich mit in einen der Abschiebeflüge nach Afghanistan gesetzt – versehentlich, wie sie es immer tut, wenn sie Auszubildende und gut Integrierte von der Arbeit wegholt und aus dem Lande schafft. Die beiden nächsten Dorfpfarrer gibt es auch nicht mehr: die haben geheiratet – sich! Jetzt hat das Dorf einen Inder als Pfarrer. Die Well-Brüder erst beim Warmlaufen. In der Oberpfalz, dem Hort der Walhalla, darf Franz-Josef Strauß nicht fehlen. Zumindest seine Büste, die einen der letzten freien Stellplätze in der Walhalla bekommt. So der CSU-Wille. Da Strauß aber keinen niederen Pöbel neben sich duldet, sind die deutschen Geistesgrößen in der Walhalla deplatziert. Jetzt schaufelt Maggus der Frangge an einer exklusiven FSJ-Gedenkstätte bis 2035 auf der Zugspitze! Da gehören sie hin! Die Felsstürze des Klimawandels bescheren der Politik dann in absehbarer Zukunft die verdienten Abstürze.
Nicht minder bissig Moni und Bärbi Well! „Wisching Well“ kurbelt vor der Pause den Merchandisingumsatz für das Wellküren-eigene Putztuch an, das sich auch schon gegen den Saugroboter durchgesetzt hat. Zur Verdeutlichung wird einem Mann aus der ersten Reihe die Brille geputzt, damit er seine Frau jetzt respektvoller sieht…

Die Stile und Besetzungen wechseln lebhaft. Pluspunkt ist, dass alle 14 Musikerinnen und Musiker permanent auf der Bühne sind. Kein Kommen und gehen, das schafft auch Harmonie. Quasi Stubenmusi vor ausverkaufter Halle. In der großen Besetzung wird Händel zum Feuerwehr-Dorffest zu einem instrumentellen Höhepunkt. Ein anderes Highlight: „schelmische Harmonists“, die im Stile der dreißiger Jahre vom „Wochenend im Altenheim“ singen oder „Veronika, der Arzt ist da“ formulieren und dem angejahrten Publikum die eigene Analyse der Rentnerzukunft offenbaren: „Lebe wohl, gute Reise (denk nicht zurück)“. Bei „Alpinisimo Tropical“ und „Los Wochos auf der Alm“ als Ziel einer SUV-Sternfahrt zum Dorf-Skilift, wird im Spannungsbogen von Tuba und Harfe geoutet, was Trend geworden scheint: „Klimawandel scheißegal“.
Was für ein berauschender Abend! Dem rührigen Impressario Alex Bolland ein herzlicher Dank, dass er diesen Clan nach Lappersdorf geholt hat! Chapeau!
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