altemaelze

New Threats From The Soul

Ryan Davis & The Roadhouse Band

Gewinnt mit jedem neuen Durchhören!

Das ist das Projekt des in Louisville lebenden Multiinstrumentalisten und Songwriters RYAN DAVIS. Mit dem Debüt-Album „Dancing On The Edge“ von 2023 bekam er viel positive Resonanz, wurde von denen, die es gefunden haben, schnell geliebt und von Publikationen wie ‚Pitchfork‘ oder ‚The Line Of Best Fit‘ hoch gelobt. Sie hielten es für ein „bemerkenswertes, unendlich lohnendes Debüt“. Jetzt kommt mit „New Threats From The Soul“ der Nachfolger. Die sieben Songs beschäftigen sich intensiv mit der Verwirrung menschlicher Leistungsfähigkeit und deren Wirkung in einer absurden und entarteten Welt. Das klingt wahrscheinlich hoffnungslos schwerfällig und streng. Ist es aber nicht – nicht im Entferntesten. Es macht einen Haufen Spaß. Die Songs sind allesamt Ohrwürmer; die Arrangements sind wirklich aufregend und beleben die Arbeit der CRACKERJACKS, aus denen sich die weitläufige ROADHOUSE BAND zusammensetzt. Jedes Durchhören des Albums offenbart mehr von der Tiefe, der Breite und dem Gewirr der Komplexität des Projekts. In „New Threats From The Soul“ gelingen RYAN Beinahe-Reime, die Affen, die seit hundert Jahren an Chat-GPT-fähigen Schreibmaschinen arbeiten, nicht hinbekommen hätten: „bromeliad“ und „necrophiliac“; „urinal“ und „de Chirico“. Kinky Friedman beklagte, dass die Leute seine lustigen Lieder für traurig und seine traurigen Lieder für lustig hielten, obwohl sie beides gleichzeitig waren. Wie der Kinkster kann RYAN einen durch einen Kloß im Hals zum Lachen bringen. In seiner formidablen Crew von Harmonie-Sängern befinden sich vier der begabtesten Sänger, die derzeit unter uns wandeln – Catherine Irwin, Will Oldham, Lou Turner, Myriam Gendron – was von der tiefgründigen Kraft seiner Texte zeugt (diese Leute melden sich nicht oft, um irgendwelchen Brei zu singen). „New Threats From The Soul“ ist eine Meisterklasse in der Reduktion des Erhabenen auf das Prosaische, des Unermesslichen auf das Winzige und umgekehrt (der Trick kann nur in beide Richtungen funktionieren). Alles in unserem Universum ist im Grunde genommen Treibgut, ein Müllhaufen aus Bruchstücken und Scherben. Vor allem wir sind Schrott aus Kaugummi und Treibholz, Ungereimtheiten und Inkohärenzen, toten Träumen und nekrophagen Hoffnungen, „mismeasurements between the place where [we are] and the place where [we] could have been”, obwohl wir – welch Wunder – irgendwie nicht der einfachen Freuden beraubt sind, wie DAVIS auf dem Titeltrack singt. Die Platte funktioniert parallel zu Kafkas augenzwinkerndem Diktum, dass es im Universum eine unendliche Menge an Hoffnung gibt, nur nicht für uns. „New Threats From The Soul“ deutet darauf hin, dass vielleicht, nur vielleicht, so etwas wie Erlösung möglich ist, aber erst dann, wenn wir komplett leergeräumt und in toto bei Walden Pawn verhökert sind. Für Freunde von Alternative Country, Folk, Americana, Independent, Silver Jews, Bill Callahan, Lambchop, Cass McCoombs, Sparklehorse, Giant Sand/Howe Gelb…- hier mal Reinhören, unbedingt! (Tough Love/Cargo) P.Ro

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https://youtu.be/H693oWpeM4E