Pünktlich zum Vorstellungsbeginn hatte auch der Regen ein Einsehen, verzog sich für die „Jedermann“-Aufführung auf der Schlossbühne und gönnte den Zuschauern einen trockenen Abend. Die moderne Inszenierung von Nicolai Tegeler holt den „Jedermann“-Stoff aus seiner hundertjährigen Geschichte in die Gegenwart. Hofmannsthals „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ passt auch in die Welt von heute, obwohl die ursprüngliche spirituelle Botschaft in einer Zeit, in der Menschen aus den Kirchen austreten, die Gotteshäuser leer stehen und alternative Nutzungen für die Gebäude überlegt werden, so nicht mehr trägt. So wird Jedermann als Finanzhai und knallharter Geldverleiher in einem Finanzsystem reich, das Geld zu immer mehr Geld macht, er nimmt keine Rücksicht auf die Nöte von unglücklichen Schuldnern. Dennoch muss er sich dem Ende eines jeden Menschen stellen und erkennen, dass der Mammon ihn nicht vor dem letzten Weg bewahren kann.
Julian Weigend überzeugt als „Jedermann“ auf der ganzen Linie. Er zeigt das sinnliche Vergnügen, sich das Beste zu gönnen, das man mit einem Koffer voll Geld kaufen kann, aber auch die Verstörung und Verzweiflung, als sein Ende herankommt. In der Inszenierung von Nicolai Tegeler wird dieses „sinnliche Vergnügen“ mit der „Guten Gesellin“ (Marie Zielcke) bereits im ersten Auftritt lautstark deutlich, als die beiden in einem Taxi vor die Bühne fahren und sich auf roten Plüschpolstern amüsieren. Die Gäste des Festmahls, diverse Regensburger Promis, mussten die Treppen der Zuschauertribühne hinuntersteigen, naja, kann man so machen, und Fürstin Gloria erhielt als Koch mit roter Schürze den Auftrag, an nichts für die Bewirtung zu sparen. Da trifft der Ruf des Todes (Hardy Krüger jr.) den hemmungslos feiernden Jedermann ins Mark, seine Gäste verstehen nicht, woher der Stimmungswandel kommt. Keiner der Freunde ist bereit, ihn auf dem letzten Weg zu begleiten. Er muss Rechenschaft über sein Leben ablegen, sein Handeln hinterfragen, mit dem Teufel (Erol Sander) schonungslos und verstörend verhandeln.
Mahnend und tröstend stellen sich die „Werke“ (Michaela Schaffrath) und der „Glaube“ (Alma Rehberg) dem Jedermann auf seinem letzten Weg zur Seite. Der „Todesengel“ (Maya Forster) mit riesigen weißen Engelsflügeln eröffnete und beendete das Spiel mit zwei beeindruckenden Liedern und schuf ein stimmungsvolles Ende dieses zeitlosen Spiels. Es feiert das Leben, indem es den Tod annimmt, eine Metapher und eine Allegorie des Lebens. (arm)