Mit einer beeindruckenden Aufführung der Oper „Nabucco“ von Giuseppe Verdi in einer Produktion des Nationaltheaters Brünn starteten die diesjährigen Festspiele im Innenhof von Schloss Thurn und Taxis am 18. Juli. Diese Inszenierung bildete einen gelungenen Start in die diesjährige Festspielsaison, das Wetter spielte mit und bescherte den Besuchern einen lauen Sommerabend, der vom Premierenpublikum sichtlich genossen wurde.
Die Handlung, eine Erzählung aus der biblischen Geschichte, hat auch heute nichts von ihrer Brisanz und Aktualität eingebüßt, ist doch der nahe Osten erneut ein Brennpunkt der Weltpolitik. In dieser Oper wird vom Kampf des jüdischen Volkes gegen die Unterdrückung durch die Babylonier mit ihrem König Nabucco – Nebukadnezar – erzählt, von der babylonischen Gefangenschaft, der Befreiung der Israeliten und der Rückkehr aus dem Exil. Selbstüberschätzung, Intrigen und Wahnsinn gehören ebenfalls zum Stoff einer Oper wie auch Liebe und Vergebung, Dramatik eben. Die Inszenierung des Nationaltheaters Brünn setzt in diesem Verwirrspiel mit Bühnenbild und Kostümen klare Strukturen. Die Bühne glänzt in kräftigem Blau, der Farbe der Babylonier, und in Gold, die Israeliten sind in Weiß gekleidet. Durch diese stringente Farbgebung und einem sehr reduzierten, funktionalen Bühnenbild wird der komplexe Handlungsverlauf deutlich strukturiert. Diese Bühne, nahezu ohne Requisiten, bietet Raum für den großartigen Opernchor, der in der jeweiligen Farbe dramatische Impulse setzt. Das als Gefangenenchor bezeichnete Lied „Va, pensiero, sull’ali dorate“ im dritten Akt, wohl der berühmteste aller Verdi-Chöre und die „heimliche Nationalhymne Italiens“, verleitete das Publikum reihenweise zu Handy-Aufnahmen dieser Passage. Dieses Lied gilt bis heute als der Inbegriff von Sehnsucht nach Freiheit und dem Streben der Völker nach Selbstbestimmung und konzentriert das Thema dieser Oper auf den Punkt.
Auch die Sänger können in dieser Inszenierung überzeugen. Dalibor Jenis kann der Figur Nabucco stimmliche und gestalterische Tiefe verleihen. Csilla Boross überzeugt als Abigaille, die, nach dem Thron trachtend, Nabucco entmachten und die Schwester, Nabuccos Tochter Fenena, die eigentliche Thronerbin, von der Sopranistin Vaclava Krejci einfühlsam und verletzlich gezeigt, hinrichten lassen will. Diese Familienbeziehungen, die Rivalität der beiden Schwestern um die Gunst des Vaters, die Liebe Fenenas zu ihrem israelitischen Retter, verleihen der Handlung Spannung und emotionale Tiefe. Nicht zuletzt soll das Orchester unter der Leitung von Ondrej Olos erwähnt werden, das sowohl dynamisch und als auch einfühlsam für dramatisches Tempo sorgt.
Da ist dann noch die Figur des Gottes Baal, der als ein wandelndes Götzenbild mit Goldhelm und kupfergrünem Ganzkörperanzug zuweilen etwas unglücklich über die Bühne stolziert. Keine monumentale Statue also, die am Ende gestürzt wird. Passt ins Bühnenbild, bleibt aber ansonsten frei für Interpretationen. (arm)