altemaelze

Görlitzer Park

K.I.Z.

Insider-Tipp: gefunden bei BR2-Zündfunk

K.I.Z. – das sind die drei Berliner Rapper Maxim, Tarek und Nico, deren Konzept von Anfang an war, die Grenzen des guten Geschmacks mit Karacho zu überschreiten, indem sie “Fick deine Mutter Rap seit 20 Jahren” machen. So haben sie’s auf ihrem letzten Album selbst bezeichnet. Fans und Feuilletonisten verbuchen ihre Musik gerne unter genialer gesellschaftskritischer Satire. Für die man als Hörerin aber ein dickes Fell braucht, so weh tun die Texte zuweilen. Ich gebe zu: Ich hab das Unbehagen bei K.I.Z. nie ganz abschütteln können. Auch wenn mir völlig bewusst ist, dass die Drei genau das wollen. Aber: Das neue Album “Görlitzer Park” hat mich schwer beeindruckt. Es ist weitestgehend wohltuend erwachsen, persönlich und ernsthaft. Auf Songs wie “Frieden” tut’s dann auch an den richtigen Stellen weh. Hier ist von “mixed feelings für die NATO” die Rede, genauso wie von Kritik an sog. Lumpenpazifisten. Die Doppelmoral, über die K.I.Z. hier so treffend rappen, dass Kriege im Namen des Friedens geführt werden — man weiß nicht, ob sie durch den beißenden Sarkasmus schlimmer wird oder erträglicher – da hilft nur noch der Kinderchor, der irgendwann einsetzt. Überhaupt sind es oft Widersprüchlichkeiten und Kontraste, die K.I.Z. ziemlich genial rausarbeiten, etwa auf dem Titeltrack „Görlitzer Park”. Hier rappen sie, wie der berüchtigte “Görli” wie ein Brennglas die gesellschaftlichen Probleme Berlins zeigt: Drogen, Armut, Rassismus neben Hipstern und Partytouristen. Überhaupt: die Partymetropole an der Spree – in “Berlin wird dich töten” ist der Exzess nur eine Drohung. Der Song “Samstag ist Krieg” spielt dann auf eine tatsächliche Massenschlägerei in einem Berliner Club an, bei dem ein 24-Jähriger durch Messerstiche ums Leben kam. Produziert wurde das Album wieder vom Duo Drunken Masters, das ursprünglich aus Kempten im Allgäu kommt. Dem Song “Jahrmarkt” haben sie ein New Wave-Outfit verpasst. Der Song ist nicht der einzige, der wie eine Rückschau auf die Jugend der drei K.I.Z.-Rapper daherkommt. Die aber nicht nostalgisch verklärt wird, dafür stören die Neonazis im Bild zu sehr, zum Beispiel damals um die Jahrtausendwende beim Date mit dem schönsten Mädchen der Welt auf dem Jahrmarkt in Ostberlin. Wer sich mit der Musik von K.I.Z. anfreunden will – das 7. Album “Görlitzer Park” ist eine ernst gemeinte Einladung. (K.I.Z./Eklat-Tonträger) Ann Kathrin Mittelstraß

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