altemaelze

Cosmic Redemption

Noturnall

Metal aus Brasilien

Die Brasilianer Noturnall sind in den jetzt zehn Jahren ihres Bestehens bis heute unter meinem Radar geflogen. Hängt vermutlich auch damit zusammen, dass deren erste drei Alben nur in Südamerika verfügbar sind/waren. Die aktuelle Scheibe „Cosmic Redemption“, Ende 2023 erschienen, wurde nun auch bei uns in Europa via SAOL Records veröffentlicht und bietet mit Schmackes vorgetragene zehn teilweise recht lange Songs in der Schnittmenge von Power Metal, Progressive Metal bis Djent. Dass die Band nicht aus Amerika stammt merkt man Sänger Thiago Bianchi nicht an, der akzentfrei rüber kommt und eine interessante Stimme hat, die alle Richtungen beherrscht (leichtes Growlen, Shouten, Klargesang, das knurrige von Warell Dane) und bei dem ich tatsächlich der Meinung war, man hat zwei Sänger in der Band. Gitarrist Mike Orlando, der die Scheibe auch gleich produziert hat, ist neben dem Sänger das Aushängeschild und schnitzt sich klasse Soli aus den Rippen, die sich aber zum Glück immer dem Flow des Songs anpassen. Nur beim Malmsteen-lastigen „Reset the Game“ übertreibt er es manchmal. Beim schrägsten Track der Scheibe „The great Filter“ gibt es dafür noch Einflüsse von Frank Zappa obendrauf und man fühlt sich an Bands wie Leprous, Tessaract oder Meshuggah erinnert. Ansonsten bekommt man eine sehr gute Mischung Angra, Symphony X, harten Dream Theater (ohne Keyboards), aber auch europäischen leicht symphonischen Power Metal (Rhapsody, Stratovarius usw.) auf die Ohren, und wie beim Titelsong Eier-kneifer-Vocals inklusive. Eher normaler Metal wie ihn Loudness aus Japan praktizieren wird mit dem in Portugiesisch gesungenen „O Tempo Não Para“ (inklusive eines mir unbekannten Gastsängers aus Brasilien) geboten, während das von flotten perfekt gespielten Double Bass Drums Passagen untermalte „Scream! For!! Me!!!“ zumindest mich an eine Paarung Nevermore (Gesang) meets knallharte Dream Therater erinnert. Liegt vermutlich daran, dass Mike Portnoy hier die Drumsticks schwingt. Für Abwechslung (und Ruhe für die Ohren) sorgen das balladeske neun-minütige „Shallow Grave“ mit zwei schön langen Soli inklusive Keyboard/Gitarrenduellen und das „Silent Lucidity“ (Queensryche) der Band „Shadows (Walking through)“, das von Michael Romeo (Gitarrist von Symphony X) wunderbar orchestriert wurde und mit Piano und zerbrechlichem Gesang (sehr nah an Geoff Tate zu der Zeit) absolut überzeugt. Die Rhythmusabteilung agiert auch durchgehend auf hohem Niveau. Die Produktion könnte dafür an manchen Stellen noch einen Ticken besser sein, da die Titel unterschiedlich laut/klar ausfallen, heißt man müsste ab und zu die Lautstärke im Auto usw. lauter oder leiser drehen. Zudem passen für mich die ab und zu eingestreuten modernen Passagen nicht so ganz. Aber sonst kann man hier wahrlich nicht meckern und für diese Scheibe sechs Sterne vergeben. Diese europäische Fassung hat im übrigen drei Bonustracks an Bord, die mir aber nicht vorlagen. Bei den beiden Live Songs ist zumindest beim Titel „Hey“!“ (vom Vorgängeralbum „9“) James Labrie zu Gast an den Vocals. (SAOL) HJH

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******* = genial / ****** = phänomenal / ***** = optimal / **** = normal / *** = trivial / ** = banal / * = katastrophal