altemaelze

Psychotropic

RTP

Euphorisch und ehrlich – das Rainer Thanner Projekt hat einen neuen Longplayer aufgenommen!

Rainer Thanner ist alles andere als das, was man in Bayern einen Sprüchmacher nennt. Eigentlich ist er das genaue Gegenteil davon. Telefoniert man mit ihm, zeigt er sich uneitel und bescheiden – und im besten Sinne selbstbewusst. Weil er weiß, was er kann. Seine Lieblingswendung lautet: „Ich sag‘s jetzt amal so …“. Und dann folgt meist eine Erklärung, die tatsächlich nur so lauten kann, wie sie ausfällt. Weil sie aus dem Mund eines Mannes stammt, der mit der Rockmusik bis heute aufs Innigste verwachsen ist. Der schon als Jugendlicher mit Stargazer unterwegs war, in Bayern, zwischen Landshut, Regensburg und Ingolstadt. Der in den 1990ern dann mit seinen Bandkollegen ein Jahr in Boston verbracht hat, und dort mit Genre-Größen wie Mr. Big auf der Bühne stand. Der sich dann für einen bürgerlichen Beruf im Bereich der Tiermedizin entschieden hat – der aber nie ganz lassen konnte, von dieser Droge, die Musik heißt. Weshalb er bis heute weiterwerkelt, an seinen Songs, die mittlerweile im Team mit dem Texter Frank De Blijen und dem renommierten Mixer Uli Eisner entstehen. Weshalb sich auch schöne Erfolge einstellten: 2022, da wurde Rainer Thanner mit seinem Projekt beim „Deutschen Rock & Pop Preis“ allein in fünf Kategorien ausgezeichnet, u.a. für den „Besten Rocksong“ und den „Besten Popsong“.

Auf seinem neuen Longplayer „Psychotropic“ hat er nunmehr 13 Songs versammelt, die allesamt Vergleiche mit großen Vorbildern nicht scheuen müssen. Allen voran sei da der Titel „Not everything was bad“ genannt, den der grandiose Markus Engelstädter für ihn eingesungen hat. Das ist ein Hymnus auf eine quietschbunte Vergangenheit des Pop, ein Lobgesang auf große Gefühle, der seinerseits tief verwurzelt in der History. In der Machart erinnert das Vierminuten-Stück ein bisschen an „Eleanor Rigby“ von den Beatles – jedenfalls, wenn man die Streicherstakkatos als Maßstab nimmt. Und trotzdem ist das Ergebnis Lichtjahre entfernt, vom Vorwurf eines Plagiats. Weil da die Einzelteile viel zu schlau verschraubt sind. Weil sich da eine musikalische Dramaturgie hochschaukelt. Weil das gleichermaßen brillant wie stimmig arrangiert ist und so behutsam von einem Hammondbett unterfüttert ist, dass sich da eine solche Spannung aufbaut, die sich schließlich entlädt, in einem Solo von Oli Zangl und einem „Ooooh yeah“ von Markus Engelstädter, ganz im Stil eines Freddie Mercury.

Wer diesem Teaser einmal erlegen ist, erliegt auch bald dem Rest. Mastermind Rainer Thanner hat das Who-is-Who der Regensburger Szene versammelt, lässt Stephanie Bauer ebenso singen wie Stefanie Baringer, Oli Kobl und Matthias „Wauxl“ Pfaller. Und kann sich in Sachen Gitarren blind auf die Dienste des oben schon genannten Oli Zangl verlassen. Den ruft er an und erhält zunächst als Antwort, dass es im Augenblick ganz schlecht sei und er sich gedulden müsse. Meist aber dauere es dann keinen Tag – und per Mail zwitschert eine Sounddatei herein, mit perfekt ausgefeiltem Solo. Ja, so stellt sich man das vor, wenn Musikjunkies miteinander zu tun haben. Dass sie in ihren Leidenschaften aufgehen, alles liegen und stehen lassen und sich hineinstürzen, ins Abenteuer der Musik. Genau so euphorisch und ehrlich klingt auch dieses Album „Psychotropic“! (NRT Records) Peter Geiger

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