altemaelze

One Step On

Jody Grind

Das Album für den Dezember 2023 in der Reihe „from the vaults“

Seit vier Jahren gibt es bei den Alben-Vorstellungen diese Rubrik: „From the vaults“ – in der Übersetzung bedeutet das ja „aus der Gruft“ oder „aus dem Tresor“ und irgendwie passt das. Einmal im Monat wird hier ein Album präsentiert, das praktisch „wieder ans Tageslicht“ gebracht wird! Keine aktuelle Scheibe, sondern ein Opus mit „Geschichte“, das schon etliche Jahrzehnte auf dem Buckel hat und nach unserer subjektiven Meinung jetzt nochmal gewürdigt werden soll – diesmal von Nina Kulig! 

Ein Griff ins Plattenregal, Abteilung „progressive Strömungen“ der 1960er/1970er Jahre, hat eine selten gehörte und fast in Vergessenheit geratene Platte zum Vorschein gebracht: „One Step On“ von Jody Grind, erschienen 1969 auf Transatlantic Records. Jody Grind gehört zu den eher unbekannteren Vertretern des britischen Progressive Rock, die in den großen Erzählungen der Rockgeschichte und des Prog Rock so gut wie fast keine Erwähnung finden. In diesem Fall mag es vielleicht daran liegen, dass die Band nur für einen sehr kurzen Zeitraum von 1968 bis 1970 existierte und mit ihren insgesamt zwei produzierten Alben im Vergleich zu der Fülle an Veröffentlichungen anderer Rockbands jener Zeit auf dem Plattenmarkt deutlich unterrepräsentiert war. So folgte nach „One Step On“ im darauffolgenden Jahr die zweite und auch letzte LP der Band, „Far Canal“. Dennoch sind es gerade diese unbekannteren Bands innerhalb einer großen experimentellen Szene, die eine oder sogar zwei Ebenen unterhalb der Hauptacts jener Zeit angesiedelt waren, die von großem Interesse sind und den Horizont auch jenseits des Altbekannten erweitern sowie eine ungeahnte Vielfalt aufzeigen.

So beweist auch die Gruppe Jody Grind gleich im ersten Hördurchgang, dass sie anderen zeitgenössischen Progressive Rock Bands in keinerlei Weise nachsteht. Das Kernstück von „One Step One“ bildet das gleichnamige, titelgebende Stück „One Step On“. In typisch progressiver Manier nimmt es mit einer Dauer von fast 19 Minuten die gesamte A-Seite der Platte ein und unterteilt sich in mehrere Abschnitte, an dessen Ende eine gewaltige Cover-Version der Stones-Nummer „Paint it Black“ steht. Musikalisch lässt sich das mehrteilige „One Step On“ als eine ausgedehnte Gruppenimprovisation über ein gleich zu Beginn hörendes Riff charakterisieren, in der Hammond-Orgel, elektrische Gitarre und Schlagzeug in einen gemeinsamen Dialog und in solistischen Passage in den Vordergrund treten. Angereichert wird dieses hauptsächlich instrumental ausgeführte Stück, in denen der Gesang eine eher untergeordnete Rolle spielt, mit gekonnten Bläser-Einsätzen und Arrangements eines Gastmusikers. Die Musik entwickelt sich, dem Spiel der Instrumente wird freier Lauf gelassen, die Energie steigt schließlich und prompt wird in eine progressiv arrangierte Cover-Version von „Paint it Black“ inklusive Bläser übergeleitet. Allein diese gewaltige und vor Energie sprühende Cover-Version macht es wert, sich das Album einmal zu Gemüte zu führen. (NiKu)