Gut vier Wochen nach dem Ende der Ewa Partum-Ausstellung startet anlässlich des Kafka-Jubiläumsjahres eine neue Ausstellung im Kunstforum Ostdeutsche Galerie – eine Ausstellung zu Illustrationen von Franz Kafkas Texten. Szenen aus Kafkas weltbekannten Werken wie „Der Proceß“, „Die Verwandlung“ oder „In der Strafkolonie“ finden sich hier in unterschiedlichen künstlerischen Interpretationen wieder. Ausgewählte Leihgaben sowie Zeichnungen und Druckgrafiken aus der Grafischen Sammlung des KOG ermöglichen diese umfassende Präsentation. Eine unverhoffte Schenkung bereicherte den museumseigenen Bestand kürzlich mit einer eindrucksvollen Zeichnung auf Leder von Wolfgang Bier. Zu sehen ist die Ausstellung vom 12. Oktober 2024 bis zum 12. Januar 2025.
Franz Kafka (Prag 1883 – 1924 Kierling, Österreich) zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Seine drei posthum veröffentlichten Romanfragmente „Der Proceß“, „Das Schloß“ und „Der Verschollene“ sowie eine ganze Reihe von Erzählungen, darunter „Die Verwandlung“ oder „In der Strafkolonie“, gelten auch über den deutschen beziehungsweise tschechischen Sprachraum hinaus als Schlüsseltexte der Moderne. Die Aktualität von Kafkas Prosa bleibt bis heute ungebrochen – wohl auch deshalb, weil sie überzeitliche Aspekte des Menschseins behandelt wie Schuld und Unschuld, Macht und Ohnmacht oder Strafe und Erlösung.
Die Ausstellung „Illustrationen zu Kafka“ nähert sich im Jahr von Kafkas 100. Todestag seinen Texten anhand von künstlerischen Darstellungen. Die Grafische Sammlung des Kunstforums Ostdeutsche Galerie bietet hier eine reiche Auswahl an Beispielen. Das größte Konvolut mit rund 50 Blättern stammt von Hans Fronius (Sarajevo 1903 – 1988 Mödling, Österreich). Dieser befasste sich seit den 1930er Jahren fünf Jahrzehnte lang in seinen Illustrationen mit allen wesentlichen Kafka-Texten. Faszinierend ist Wolfgang Biers Auseinandersetzung mit der Erzählung „In der Strafkolonie“. In einer Serie von sechs Kaltnadelradierungen setzte Bier diese Technik gezielt als Bedeutungsträger ein: Das Ritzen mit der Radiernadel in die Druckplatte entspricht der Schilderung der Hinrichtungsszene, in der das Todesurteil buchstäblich in die Haut des Verurteilten eingeschrieben wird. Bei einer erst vor Kurzem dem KOG aus Privatbesitz übereigneten Arbeit ist es wiederum das als Träger verwendete Material – eine Tierhaut – das ganz offensichtlich Bezug auf Kafkas Text nimmt. Eindrucksvolle Interpretationen der literarischen Vorlagen liefern ebenso die Illustrationen von Svato Zapletal (*1946 Prag) oder Peter Grau (Breslau 1928–2016 Leinfelden-Echterdingen). Die ikonische Physiognomie des Schriftstellers vergegenwärtigt in der Ausstellung unter anderem ein Porträt von Friedrich Feigl, der seinen Mitschüler 1940 aus der Erinnerung heraus gemalt hatte.
Die Ausstellung sowie deren Begleitveranstaltungen am KOG sind Teil des umfassenden Programms zum Kafka-Jahr, das auf der vom Adalbert Stifter Verein initiierten deutsch-tschechischen Plattform „Kafka 2024“ präsentiert wird. Unter anderem sind Programmpunkte in Kooperation mit dem Theater Regensburg geplant. Prof. Dr. Marek Nekula, Professor für Bohemistik und Westslavistik an der Universität Regensburg, begleitet das Ausstellungsprojekt und bringt die Perspektive der Literaturwissenschaft ein. Mit Unterstützung des Kulturpartners BR 2 werden zudem mehrere Hörstationen realisiert, die dazu einladen, unmittelbar in die Texte einzutauchen.
(Fotokredit: Friedrich Feigl, Porträt Franz Kafka, 1940, Öl auf Leinwand, Kunstforum Ostdeutsche Galerie /Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland © Friedrich Feigl/Rechtsnachfolger, Foto: Wolfram Schmidt Fotografie)