Seit der Veröffentlichung seines Debütalbums „Ledbetter Heights“ (1995) klingt dieser mehrfach mit Platin ausgezeichnete Bandleader immer noch wie die Zukunft des Blues. Und daran schließt auch sein neuer Longplayer an. Das Projekt, das in den legendären FAME Studios in Muscle Shoals, Alabama, entstand, ist eine Chronik von Shepherds musikalischer Entwicklung, die Geschichten von Verlust, Erlösung und unvergesslichen Melodien erzählt, die alle von einem Team von Songwritern geschrieben wurden. Shepherd selbst beschreibt es so: „Jede Platte, die ich mache, ist ein Moment in der Zeit. Und dies ist ein ganz besonderer Moment“. So vereint „Sweet & Low“, die ausgekoppelte Single, moderne urbane Einflüsse mit traditionellen Blues-Untertönen und bringt so die Quintessenz von Shepherds musikalischer Expertise zusammen. Der Track bietet eine neue Perspektive auf das altmodische Umwerbungsritual und unterstreicht den unwiderstehlich fesselnden Groove. Shepherd erinnert sich: „Die Leute, denen ich das Album vorgespielt habe, haben durchweg am meisten auf dieses Stück reagiert.“ Wenn man sich „Dirt On My Diamonds Volume 1“ amhört, wird man mit acht Songs konfrontiert, von der modernen urbanen Kante von „Sweet & Low“ bis hin zur lautstarken Produktion von Shepherd und seinem Partner in Sachen Sound der letzten Jahre, Marshall Altman. „Mit Marshall zu arbeiten, ist wie jede produktive Beziehung“, meint der Gitarrist. „Wir bringen unsere Stärken zusammen und pushen uns gegenseitig“.
Wie der Titel des Albums schon andeutet, werden die Härte und die emotionale Ehrlichkeit dieser neuen Songs über das Gitarrenfeuerwerk gestellt (selbst für einen der wertvollsten Spieler der modernen Szene). Über die Leitphilosophie von ‚Dirt On My Diamonds‘ sagt er: „Das Leben hat Unvollkommenheiten, und das ist mir sogar lieber so. Die Unvollkommenheiten sind es, die es interessant machen.“ Um zu verstehen, in welche Richtung die Reise auf „Dirt On My Diamonds Volume 1“ geht, lohnt sich ein Blick auf das 2017er Album „Lay It On Down“, auf dem Shepherds dauerhafte Partnerschaft mit dem Produzenten Marshall Altman begann. „Nach ‚Lay It On Down‘ und ‚The Traveler‘ ist dies mein drittes Album in Folge, auf dem ich mit Marshall zusammenarbeite, und die Entwicklung fühlt sich fast wie Kapitel in einem Buch an. Für mich klingt dieses Album unglaublich frisch, modern und aktuell.“ Alles begann mit der bereits erwähnten Session im FAME, bei der Shepherd und seine bevorzugten Co-Autoren das Regelwerk über den Haufen warfen. „Nichts war tabu“, sagt der Bandleader über das Schreiben der Songs, deren Gesangsparts zwischen ihm und Co-Sänger Noah Hunt aufgeteilt werden sollten. „Wir schrieben einfach drei Tage lang ununterbrochen, warfen die Songs in den Raum und ließen die guten Sachen nach oben steigen. Manchmal vereinbaren die Leute bei solchen Schreibsessions, besonders in Städten wie Nashville, einen Termin: ‚OK, wir treffen uns von eins bis drei‘. Aber dieses Mal hatten wir keine Verpflichtungen, es waren einfach ein paar Jungs, die Spaß am Schreiben von Musik hatten. Und natürlich spürt man die Geschichte da unten in Muscle Shoals. Man spürt sie in der Luft in einem Studio wie dem FAME“. Das Projekt begann im Studio eines Freundes in Burbank, um eine Handvoll Bläser-, Gesangs- und Gitarren-Overdubs zu machen. „Aber so wenig wie nötig“, betont der Bandleader. „Für mich geht es vor allem darum, die Essenz der Band einzufangen, die live zusammen spielt, denn das ist es, was wir am besten können.“ Bei so starken Material war kein Feinschliff nötig. Wie auf jedem KWS-Album sind die Songs die Währung, und die Tracks von „Dirt On My Diamonds Volume 1“ wollen gehört werden und erheben den Hörer über seine Lebensumstände in einer Zeit, in der sich das Leben oft trostlos und knochentrocken anfühlt. „Ich wollte nicht, dass diese Platte dunkel oder trist ist“, meint Shepherd. „Es gibt nicht viele unglaublich herzzerreißende oder schwierige Themen… Mein Ziel ist es immer, Musik zu machen, die den Leuten ein gutes Gefühl gibt, egal, worum es geht.“ Und natürlich hat Shepherd, wie es sich für eine so verspielte Album-Session gehört, in seiner mentalen Jukebox geblättert, um eine mitreißende Coverversion von Elton Johns „Saturday Night’s Alright For Fighting“ zu spielen. „Ich habe immer einen Katalog von Songs im Hinterkopf, von denen ich denke, dass meine Band ihre Sache gut machen könnte. Das Timing hat gut gepasst, weil Elton gerade seine Abschiedstournee macht. Außerdem liebe ich seinen Gitarristen, Davey Johnstone. Er ist auch ein Freund, und als wir den Song aufnahmen, schickte ich ihm eine Nachricht, in der ich sagte: ‚Hey Mann, wir werden Saturday Night covern…‘ – und er sagte: ‚Nur zu!'“ Fazit: das sind acht kernige Bluesrocksongs, die durch die Bläser auch einen Touch Soul haben, die Lust auf eine Fortsetzung machen, schließlich ist das ja erst Vol.1. (Mascot) P.Ro
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