powerconcerts
turmtheater

The Big Thing

Kritik zum Konzert am 9. August im Thon Dittmer Palais in Regensburg

Street Sounds für erwachsene Zuhörer -Markus Engelstädter und die Band um Bernd Meyer begeistern mit ihrem „Tribute to Chicago“

Einen Abend lang ausschließlich Chicago-Klassiker auf der Bühne performen zu wollen, das gehört zu den Top-Schwierigkeiten, die das Pop-Handwerk für die Nachgeborenen zu bieten hat. Aber Sänger Markus Engelstädter und sein musikalischer Leiter Bernd Meyer, der die achtköpfige Band mit leichter Hand dirigiert, sie meistern diese Aufgabe bravourös, am Mittwochabend im Arkadenhof des Thon Dittmer-Palais beim Palazzofestival.

Hinzu kommt, dass die Band, die ihre globalen Erfolge von den späten Sechzigern bis in die Achtziger erleben durfte, ihrerseits so tiefe Wandlungsprozesse durchschritt, vom komplexen swingbasierten Jazzrock hin zum radiotauglichen Format, das man damals AOR nannte und das dafür stand, dass reife, mit der Pophistory erwachsen gewordene Hörer sich an diesen perfekt produzierten musikalischen Edelsteinen erfreuen durften. Wie gesagt, der Abend verläuft bravourös, weil es Bernd Meyer, der gleichermaßen für die geschmackvoll zusammengestellte Playlist wie für die Arrangements (was für eine Herkulesarbeit, das alles herauszuhören!) verantwortlich zeichnet, gelingt, sämtliche Spielarten von Chicago unter den Palazzo-Hut zu zaubern. Markus Engelstädter kommt zugute, dass er stimmlich die höheren Register in kraftvoller Weise zu ziehen vermag, weshalb bei geschlossenen Augen tatsächlich nicht immer klar ist: Ist das jetzt Peter Cetera (der nächstes Jahr 80 wird), der da „Hard to say I’m sorry“ interpretiert? Oder ist es dieser Passepartout, dieser Tausendsassa aus dem oberpfälzischen Eschenbach, dieser Markus Engelstädter, der ein Jahr nach dem Erscheinen von „If you leave me now“, dem mutmaßlich größten Hit der Band, erst geboren wurde, unweit des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr. Und es erübrigt sich selbstredend, zu erwähnen – dass er auch dieses Stück meisterhaft interpretiert. Zugute kommt der Performance die geschlossene Mannschaftleistung der Band: Die drei Bläser inklusive des Kulturreferenten Wolfgang Dersch (eines am Richard-Strauß-Konservatorium ausgebildeten Posaunisten), die einen ganzen Abend lang brillieren (bei „Street Player“, der Cover-Version eines kurz davor erschienenen Rufus- und Chaka Khan-Titels, freilich ganz besonders! Hatte bei Chicago auf dem 79er-Album „13“ die Interpretation respektable neun Minuten gedauert, ist die Fanfare durch die Nachbearbeitung von Masters at Work bis heute das, was man einen Signature-Titel nennt) und dem Funky-Stuff die nötigen Spitzen verleihen wie den Balladen die Himmelbetten. Die Rhythmusmannschaft aus Andrea Paoletti an den Drums und Uli Zrenner-Wolkenstein inklusive des grandiosen Gitarristen Andreas Blüml legt viel mehr als eine solide Basis, sondern sorgt für jene produktive Unruhe, die diesem Blue-Eyed-Soul jede Naivität nimmt. Und die beiden Background-Sängerinnen agieren völlig fehlerlos und treiben das Spiel in höchste Höhen. Sodass dem Publikum am Ende im fast ausverkauften Palazzo nichts anderes übrig bleibt, als euphorisch und verzückt zu sein! (Peter Geiger)