Auch wenn die beiden Sängerinnen einen wirklich fantastischen Konzertabend lang ihre Unterschiedlichkeit hinausposaunen, in die spätsommerlich anmutende Kühle an diesem Freitagabend im Arkadenhof des Thon Dittmer-Palais: Am Ende, wenn sich die wie ein Hollywood-Vamp der Neunzehnzwanziger gekleidete Nowak wie auch die ein grünes Hosenkleid tragende Sarah Straub für die gemeinsame Zugabe auf „Delmenhorst“ von „Element of Crime“ geeinigt haben und ihre jeweiligen Strophen münden lassen, in ein vereinigendes „Sag Bescheid, wenn Du mich liebst“, dann verwischen die Differenzen sogleich. Und man möchte fast meinen, die Nowak und Sarah Straub, sie wären siamesische Zwillinge, wie sie da Rücken an Rücken auf ihren Klavierschemeln sitzen.
Denn die Wurzel, aus dem der jeweilige Impuls für ihr Singersongwriterinnentum (was für ein kompliziertes Wort für eine an sich so simple Sache!) resultiert, der dürfte gar nicht so unterschiedlich sein: Ist es bei Sarah Straub erkennbar die lebende Legende Konstantin Wecker, die Pate steht, gleichermaßen dafür, wie sie in die Tasten des Flügels greift als auch für ihr engagiertes Textprogramm, so verhält es sich bei der Nowak zwar komödiantischer und damit anarchischer und abseits gut ausgelatschter Pfade – am Ende aber sind’s bei ihr auch große Klavierunterhalter wie Georg Kreisler oder Interpretinnen wie Hildegard Knef, die ihren an Gesten und Anspielungen so reichen Stil bedingen und ausmachen.
Der Hauptunterschied dürfte tatsächlich der sein: Sarah Straub, sie sitzt als authentisch-veristische Figur auf der Bühne und wird zudem von einem handwerklich perfekten Gitarristen – und zwar vom formidablen Andreas Ferra – begleitet. Und immer, wenn sie bei ihren Ansagen etwas mitzuteilen hat, die ihr als Herzensbotschaft wichtig ist, dann kippt die aus Lauingen an der Donau Gebürtige raus, aus dem ansonsten so sauberen und klaren Hochdeutsch, und füllt ihren Mundklangraum mit Dialekt, als wären’s original-schwäbische Maultaschen, sodass sie die Nowak etwa mit einem „weil sie bsonderrrrs isch“ lobt.
Aber auch beruflich beschäftigt sich die promovierte Psychologin, die ihr Diplom hier in Regensburg abgelegt hat und jetzt in der Forschungsabteilung der Universität Ulm tätig ist, damit, Angehörigen von Demenzkranken ihren oft schwierigen und komplexen Alltag zu erleichtern. Diesen Erfahrungsschatz verarbeitet sie auch künstlerisch – weshalb sie den grandiosen Titel „Schwalben“ gemeinsam mit dem eingangs schon genannten Konstantin Wecker als Single aufgenommen hat. Hier, auf der Bühne in Regensburg, hier singt Sarah Straub mit klarer, fester Stimme und präsentiert sich durchwegs – auch, wenn sie vom zugelaufenen Kater „Rufus“ singt oder den BAP-Klassiker „Jraaduss“ ins Hochdeutsche überträgt – von einer sagenhaft menschlichen und zugewandten Seite.
Was man von der – vordergründig betrachtet – misanthropisch gestimmten Nowak, die nach der Pause die Bühne betritt, so nicht behaupten kann. Aber natürlich schlüpft Rebekka Maier, die in Sinzing als Kindergärtnerin arbeitet und auch dort lebt, nur in diese Rolle. So, wie sie auch in ihre mondänen Kleider überzieht oder den Turban – sodass sie gänzlich umhüllt ist, von einer Aura der Unangreifbarkeit. Ihre Songs – auf ihrem Album „Steinige Grüße von der grenzenlosen Wiese“ sind sie in Bandstärke interpretiert – sind allesamt große Hymnen, Choräle, die sie solo mit lauter Stimme gegen Untugenden wie Dummheit oder Achtlosigkeit anstimmt. Etwa, wenn sie gegen Gabionenwände und Schottergärten in Burgweinting ansingt und damit der Artenvielfalt das Wort redet, oder gegen jenen Wahn, Kleinkindern schon in chinesisch sprechende Wollmilchferkelchen zu verwandeln. Sodass am Ende beide, die Nowak wie Sarah Straub, mit dem eingangs noch komödiantisch eingeforderten „Palazzo-Applaus“ (euphorisch, langanhaltend und von stehenden Ovationen begleitet) und Rosen aus der Hand des begeisterten Veranstalters Alex Bolland verabschiedet werden: Weil sie diese unüberdachte Kältekammer verwandelt haben, in einen von Herzblut durchfluteten und gut durchdachten Ort menschlicher Wärme. (späg)
(Fotokredit: Die Nowak/Sarah Straub)