Wer mal wieder Lust hat in seine Spandex Hosen zu schlüpfen (oder sich zu zwängen), den Schminktopf seiner Frau/Freundin usw. zu plündern, sich die blonden Haar hochzutoupieren und mit dem Cabrio den Sunset Strip rauf unter runter zu cruisen sollte dieses Album im CD Player dabei laufen zu lassen. In den Hochzeiten des Sleaze/Glam Rock und Metal in den 80er Jahren in einer Hochburgen Amerikas aufgenommen erblickt die Scheibe erst jetzt das Licht der Welt. OK, das ist eine Erfindung von mir. In der Realität wurde die Scheibe Mitte 2022 veröffentlicht und die Band stammt aus Australien, wo es auch diverse richtig gute Bands und Interpreten gibt. Kiss the Vyper bieten mit ihren zweiten Opus „Hope you like it“ (das Debüt „Keep the Fire burning“ von 2016 wurde noch in Eigenregie nur in Australien veröffentlicht und ist vermutlich nirgends mehr erhältlich). Hier haben wir jedenfalls feinstes Ohrfutter für alle Fans von Steel Panther (mit etwas weniger versauten Texten, Ausnahme „Sweet sticky Sex“ das evtl. auch kritisch mit dem Pornofilm Business umgeht), Dokken („Make love like Stranger“ schlägt in die „Dream Warriors Kerbe), Mötley Crüe, Stryper, Bon Jovi (der Albumcloser „Don’t leave me lonely“, der eine starke Ähnlichkeit mit „Only Lonely“ aufweist), Skid Row, White Lion („When worlds collide“) usw. Für das Genre erstaunlich ist die Länge der Songs, die teilweise fünf und sechs Minuten laufen. Ich persönlich hätte ja z.B. den Sechs-Minüter „Back to Hollywood“ um eine Minute gekürzt, da das ewige Wiederholen des Refrains hinten raus sehr nervig wird. Aber ansonsten kann man hier nicht wirklich viel meckern. Der Sound ist bis auf wenige Ausnahmen (u.a. „Somewhere in Time“ hört sich an als ob es in einem anderen Studio oder früher aufgenommen worden wäre) wirklich gut, auch wenn hier sicher noch mehr möglich gewesen wäre. Die Band ist wie auch die erwähnten Steel Panther technisch top. Vor allem die Gitarrensoli (Gitarrist Enzo Almanzi spielt normalerweise bei den auch hier in unseren Gefilden bekannten White Widow, die bis heute fünf Alben auf dem deutschen ehemalige Label AOR Heaven veröffentlicht haben) sind echt klasse („Kiss from an Angel“, das Highlight des Albums, wartet hier gleich mal mit zwei auf, in Verbindung mit sehr geschmackvoller Keyboard Arbeit). Lagerfeuerballaden mit Akustikgitarren gibt es hier nicht, dafür eher zwei Power Balladen, wo die Gitarren regieren („Give me the NIght“ im Stil von „I see red“ von Warrant bzw. „Won’t break your Heart again“, das auch auf einem der früheren Stryper Alben eine Topfigur machen würde). Auch sehr cool sind die immer wieder eingestreuten weiblichen Backing Vocals, die z.B. den Titelsongs so schön geschmeidig, poppig im Refrain werden lassen. Ich war wirklich überrascht, dass hier so tolle Musik hinter dem pott hässlichen Cover steckt. Von meiner Seite her gibt es sechs Sterne und eine unbedingte Kaufempfehlung. Wer es nicht glaubt checkt mal YouTube. (Metalapolis Records) HJH
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