Erstmal danke für die Anfrage zu einer „72 Seasons“ Album-Kritik. Wer mich kennt weiß, dass ich diese Band über alles liebe, und das werdet ihr auch deutlich zu lesen bekommen. Bei der „Hardwired…to Self-Destruct“ war ich damals vor sieben Jahren schon begeistert. Aber vielleicht hätte man dieses Album auf die Hälfte der Songs reduzieren sollen. Da waren für mich doch ein paar Lückenfüller mit drauf, die nach zwei- bis dreimal Hören schon gereicht haben. Und jetzt also zum brandneuen Album. Nach den ersten vier Single-Auskopplungen habe ich mich dann bei der Vorpremiere im Kino (am 13. April) umso mehr auf den Rest gefreut. Und bei einigen Songs viel mir wirklich die Kinnlade runter, im positiven Sinne. Am nächsten Tag war dann die CD ja auch schon im Briefkasten. So, dann gehen wir doch mal Song für Song durch…
72 Seasons:
Der Opener und zugleich Titeltrack verspricht zu Beginn schon einiges. Ein treibendes Oldschool Thrash Riff eröffnet die neue Metallica Scheibe, gefolgt von einem Refrain, der sich sofort ins Gehirn brennt („Wrath of Man!“). Hetfield meldet sich in stimmlicher Bestform zurück, so wie ich ihn seit Jahren nicht mehr gehört habe. Stilistisch wirkt „72 Seasons“ wie ein nahtloser Übergang vom letzten Song der „Hardwired…to Self-Destruct“ („Spit out the Bone“). Macht auf jedenfall Vorfreude auf das was noch kommt!
Shadows Follow:
Das Intro…wow – ich denke gleich wird ein Feuerwerk á la „Damage Inc“ abgebrannt. Dann regelt sich aber alles ziemlich schnell im Midtempo-Bereich ein. Trotzdem nimmt mich der Song mit und verleitet direkt dazu den Beat mit dem Fuß mitzuwippen. Die Harmonie im Refrain ist absolut cool. Ein typischer moderner Metallica Sound, der aber einfach immer Spaß macht, samt exzellenten Hooks.
Screaming Suicide:
Es wird wieder etwas thrashiger und der Song startet richtig stark mit dem Meister des Wah-Pedals, Kirk Hammett. Ein knackiger eingängiger Track mit coolen Double-Kick Parts, die genau an den richtigen Stellen eingesetzt werden. Wenn ich was hier zu bemängeln habe, dann das geklaute Solo das ‚1 zu 1‘ von Deep Purple‘s „Speed King“ stammt. „Keep, me, deep, in-side…“
Sleepwalk my life away:
Der Bass von Rob Trujillo wummert wie eine unaufhaltsame Walze und schnell merkt man was passiert. „Sleepwalk“ hat das typische Aufbau-Schema wie die Klassiker „Enter Sandman“ oder „King Nothing“. Für mich der erste Radio-taugliche Song, aber ohne es abwertend zu meinen. Der Gesang erinnert stark an die Load/Reload Zeiten. Groovig ohne Ende!
You must burn!:
Das Tempo wird nach wie vor niedrig gehalten, aber dafür gibt es ein schönes, schweres, stampfendes Riff. Hätte ich genug davon, würde ich hier definitiv meine Haare schütteln. Die Bridge nach dem Mittelteil wirkt fast psychedelisch und geht direkt in das, meiner Meinung nach, coolste Solo des Albums über.
Lux Æterna:
Die erste Single-Auskopplung. Der erste Vorgeschmack. Lux Æterna ist kurz, knackig, thrashig, schnell und hat alles, was es für einen geilen Metallica Song braucht. Inklusive Motörhead-Vibes. Der hätte auch auf der „Kill em All“ seinen Platz finden können. Ursprünglich wollte Hetfield auch das Album nach diesem Song benennen, wurde aber überstimmt. Hätte aber mindestens genau so gut gepasst. Für mich ist das der heimliche Titelsong.
Crown of Barbed Wire:
Oha, das klingt anders. Was passiert hier. Also wenn man mit etwas nicht gerechnet hat, dann mit diesem Song. Progressiv, modern, teilweise erdrückt er mich sogar etwas, und dennoch nimmt er mich mit. Allerdings musste ich ihn erst ein paar mal hören. Würde ich aber mittlerweile zu den Highlights zählen.
Chasing Light:
Vorneweg muss ich sagen: Im Kino war das Video zu „Chasing Light“ eine bodenlose Frechheit und ich wäre fast aufgestanden und raus gegangen. Das grenzte an Körperverletzung. Schwarz-weisse Pixel, die sich schnell bewegten in alle Richtungen. Schaut es euch bitte nicht an!! Geht gar nicht! Aber zum Glück geht es ja hier um die Musik. Das Tempo wird hier wieder deutlich erhöht und Hetfield haut hier mächtig auf die Glocke. Der Song ist Heavy-Metal pur!
If Darkness had a Son:
„…TEMPTATION…!“ Dass Metallica schon immer mit der Zeit gehen, zeigte auch hier die Art und Weise wie der Song über die Social-Media Plattform „TikTok“ promotet und angekündigt wurde. Vielleicht gehört „Darkness“ nicht zu den Top-Songs des Albums, dennoch glaube ich das der „live on stage“ ziemlich gut Druck machen wird.
Too far gone?:
Das ist er, mein absoluter Favorit! Schon die Strophe peitscht einen heftig nach vorne. Der Refrain ist melodisch aber kurz gehalten und die Gitarren schrammeln sich dabei einen ab. Über ein zweistimmiges kurzes Solo geht es direkt zu einem mit-gröhl Part und ich hab so Lust diesen Song „live“ zu erleben.
Room of Mirrors:
Der Endspurt wird eingeläutet. Es darf nochmal gethrasht und gemosht werden. „Mirrors“ geht sehr straight durch und ballert sehr sehr fein. Und hier zeigt auch Mr. Hammett nochmal was er eigentlich kann, aber leider in der Vergangenheit so selten hat hören lassen. Und an alle die sagen, Lars Ulrich ist ein mieser Drummer, spielt das erstmal nach. Durchweg eine Hammer Nummer!
Inamorata:
Bei der Songlänge von über elf Minuten (genau 11:10) muss ich erstmal tief Luft holen. Das längste Lied das Metallica jemals gemacht haben. Erst dachte ich, das wird bestimmt ein traditionelles Instrumental, wie es ja schon einige gab. Aber falsch gedacht. Ein düsteres Riff im Mid-Tempo und nochmal ganz starke Vocals leiten diesen Album-Closer ein. Zu meiner positiven Überraschung gibt es hier nicht viel unnötiges Geschnörkel, was man bei der Länge hätte befürchten können. Das Lied hat eine klare deutliche Struktur, und die Zeit verfliegt schneller als gedacht. Ein bisschen wird wieder an Mitte der 90er erinnert, als sich die Band gerade die Haare kurz geschnitten hatten. Ich feiere es sehr was hier zum Ende der Scheibe nochmal gemacht wird. Ein unglaublich toller Abschluss!
Fazit: Ich bin absolut begeistert von der „72 Seasons“. Meine Erwartungen wurden weit mehr als nur erfüllt. Es zieht sich ein düsterer Faden durch das Album. Eine ganz besondere Stimmung die sich Non-Stop hält. Wie ein vernebelter Regentag, an dem die Sonne es nur mit Mühe schafft durch zu dringen. Besonders James Hetfield ist hier stark im Mittelpunkt, und singt tief aus seiner Seele, wie vielleicht noch nie zuvor. Absolut geniales Werk! Und wer jetzt sagt, die ersten vier Metallica-Alben erreicht das nie, der soll das denken und einfach nie mehr irgend eine neue Musik hören. Viel Spaß auf ewig in den 80er Jahren. Warum immer dieses beschränkte Vergleichen….Metallica is still alive and kicks ass!!! (EMI) Flo
******
******* = genial / ****** = phänomenal / ***** = optimal / **** = normal / *** = trivial / ** = banal / * = katastrophal