turmtheater

Der Weg zurück – Gedankenexperiment von Dennis Kelly

Premiere am 4. Februar 2023 im Theater Regensburg am Haidplatz

Regensburger Erstaufführung

Kann die Reduktion auf ein „Zurück zur Natur“ und die Absage an allen technischen Fortschritt die Lösung unserer gegenwärtigen Probleme bringen?  Das ist wohl die Kernfrage in „Der Weg zurück“, ein sperriges Stück, das im Theater am Haidplatz Premiere hatte. Die Konstruktion dieses Gedankenexperiments nimmt ihren Ausgang in einer persönlichen Katastrophe: Ein Mann verliert seine Frau bei der Geburt ihrer Tochter, die nur aufgrund von künstlicher Befruchtung geboren werden konnte, was aber wegen der Nebenwirkungen des Eingriffs zum Tod der Mutter führt. In dieser Situation beschließt der verzweifelte Vater (eindrucksvoll Guido Wachter), künftig jede medizinische Hilfe zu verweigern, er und seine Tochter werden zu radikalen Gegnern jeglicher Wissenschaft. In den weiteren Bildern, die mehrere Generationen umfassen, führt diese Haltung zu immer radikaleren Methoden zur Bekämpfung jeglichen Fortschritts. Die Terrorgruppe kann ein diktatorisches Regime errichten, Regression wird zum Begriff der „neuen Fortschrittlichkeit“, eliminiert Wissenschaft und Technik, die Sprache soll in den nächsten Generationen auf den Gebrauch von einsilbigen Wörtern reduziert werden und damit komplexe Gedanken unmöglich machen. Im letzten Bild zeigt sich diese minimalisierte Sprache, überzeugend in Szene gesetzt von Anna Kiesewetter. Aber trotz Kontrolle und Unterdrückung taucht am Ende ein Hoffnungsschimmer auf. Der menschliche Drang, Dingen auf den Grund zu gehen, zu forschen und über die Erkenntnis zu STAUNEN – ein verbotenes zweisilbiges Wort – scheint trotz aller Restriktionen als urmenschliches Prinzip überleben zu können.

„Wie rückwärtsgewandt und sentimental darf ein Kulturnation von Weltrang sein“, ist ein Zitat von Jan Böhmermann im Interview in der SZ vom 3.2.23. Das scheint eine passende Frage zu diesem Theaterabend zu sein. Wie weit die Ablehnung von Wissen und die Reduktion auf die Gefühlsebene führen können, konnte man in den beiden Pandemiejahren erkennen. „Zwischen der verrückten Idee, dass Covid 19 durch Mobilfunkstrahlung 5G verursacht wird und der Verleugnung des Klimawandels befinden wir uns in einer wirklich erschreckenden Lage“, wird Dennis Kelly im Programmheft zitiert.

Das textlastige Stück verlangt Spielern und Zuschauern viel Konzentration ab. Neben den bereits erwähnten Guido Wachter und Anna Kiesewetter konnte das begeisternd spielende junge Ensemble mit Kathrin Berg, Paul Wiesmann, Johanna Kunze und Jonas Julian Niemann die Spannung über die gesamten knapp zwei Stunden erhalten. Die Frage ist aber, ob es sich diese Dystopie, die die Gesellschaft auf den Weg zurück führt,  nicht zu einfach macht. Die Reduktion auf die Gegner von wissenschaftlichen Erkenntnissen ist zwar plakativ, aber in manchen Teilen auch naiv. Fazit: ein anstrengendes Stück modernes Theater, das mich als Zuschauer etwas ratlos zurückgelassen hat.

Weitere Vorstellungen am 7.2., 9.2., 18.2., 19.2., weitere Termine im Juni

(arm)