Was lange reift wird doppelt so gut. Das könnte man vermutlich über das neue, erst dritte Werk „Waves of Loss and Power“ der US Band Ice Age sagen. Sie existiert zwar schon ewig, hat aber über 22 Jahre nichts Neues mehr veröffentlicht. Bis jetzt. Das von Rich Mouser perfekt gemischte und gemasterte Werk zeigt einmal mehr wie kurzweilig 67 Minuten Musik sein können, wenn absolute Ausnahmekünstler an den Instrumenten und hinter dem Mikro stehen. Die Gitarren brillieren mit feinsten Soli, gerne mal im Duett/Duell mit den Keyboards, Drums und Bass wuchern mit fettem Rhythmus und Groove, und wie man es geschafft hat Dennis De Young (ex Styx) für den Posten hinterm Mikro zu gewinnen würde mich schon interessieren. OK, das stimmt zwar nicht, aber Sänger Josh Pincus klingt hier total nach ihm mit leichten Einflüssen von James Labrie von Dream Theater. Und hier hätten wir dann auch gleich mal zwei musikalische Eckpunkte, damit der geneigte Leser dieser Kritik weiß, in welche Richtung es auf dem Album geht. Tönt der Einstieg mit „The Needles’s Eye“ noch total nach Dream Theater, Shadow Gallery oder Symphony X mit knackiger Härte plus coolem Hammond Orgel Intermezzo, schwenkt man bei „Riverflow“ in die andere Richtung und kombiniert Styx der 80er Jahre mit progressive Rock der Marke Spock’s Beard, Transatlantic oder auch Flower Kings mit tollem „Neal Morse“ Gesang. „Perpetual Child Pt. II“ vermengt dann alles zusammen in einen Longtrack, bei dem, wie auch vorher schon, die Zuhörzeit wie im Flug vergeht. Rush der 80er Jahre verbunden mit schönen ruhigen Parts und sehr prominentem Geddy Lee Bassspiel gibt es bei „Together now“ bzw. bei „Float away“, wo wir dann bei den 70er Rush landen. Dass die Band nicht nur lange Songs mit viel Gefrickel, welches aber immer nachvollziehbar bleibt, kann, beweist der geradezu straighte Rocker „All my Years“ mit unter fünf Minuten. Das zweiteilige Magnum Opus „To say Goodbye Part IV“ (ein reines Klavierstück), das in „Part V“ übergeht, zeigt dann eindrucksvoll, dass nicht nur die erwähnten, viel bekannteren progressive Rock Bands lange und doch kurzweilige Songs schreiben können. Wir reden hier von schlanken 17 Minuten, wo nochmals alles zusammengetragen wird, was vorher schon mit Genialität dargeboten wurden. Die Klavierparts klingen hier noch feiner und man könnte schwören, dass hier Billy Joel mit im Studio war. In Summe eines der besten progressive Metal/Rock Alben, die ich je gehört habe und alles andere als die Höchstnote mit sieben Sternen wäre zu wenig für dieses Meisterwerk. (Sensory Records/Alive) HJH
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