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I Hate Cowboys & All Dogs Go To Hell

Chase Rice

Obwohl er auf „I Hate Cowboys & All Dogs Go to Hell“ keinen krassen Stilwechsel vollzieht, strahlen die 13 neuen Tracks eine ganz andere Atmosphäre und größeren Tiefgang aus

Der amerikanische Singer/Songwriter ist bei uns noch relativ unbekannt, doch der mit 6-fach Platin ausgezeichnete Musiker hat bereits fast 2,5 Millionen Alben verkauft und kann auf beeindruckende 2,4 Milliarden Streams zurückblicken. Der 37-jährige Singer-Songwriter hat schon ein vielseitiges Leben hinter sich. Er spielte Football an der University of North Carolina und arbeitete als Mitglied eines Ölbohrteams, bevor er sich dem Musikgeschäft zuwandte und als Singer-Songwriter erfolgreich wurde. Im Februar ist sein neues Album erschienen, dessen Titel bereits aufhorchen lässt: „I Hate Cowboys And & Dogs Go To Hell“, denn der Musiker kommt aus Nashville und wird natürlich im Country-Segment verortet, aber das ist zu eng gesehen. Das neue Album ist die Fortsetzung seines dreiteiligen Projekts „The Album. Mit dem neuen Repertoire wird Chase Rice an den Erfolg seines zweiten Albums „Lambs & Lions“ anknüpfen und die Zeichen dafür stehen nicht schlecht, wenn man in die neuen Tracks reinhört. Leise und introvertierte Momente prägen das Album.  So ist„Key West & Colorado“ ein nachdenklicher Roadsong: Rice beschreibt darin den Prozess, mit dem Ende einer Beziehung fertig zu werden. „Eine Reise, die sich mir ins Gedächtnis eingebrannt hatte, und die ich ein zweites Mal gemacht habe, um die Erinnerung zu ersetzen. Manchmal muss man sich etwas stellen, um es hinter sich zu lassen.“ Den Midtempo-Song hat Rice zusammen mit seinem Kindheitsfreund und langjährigen Kollegen Brian Kelley sowie Corey Crowder, Blake Pendergrass, John Byron und Hunter Phelps während einer Songwriting Session in Grayton Beach, Florida geschrieben. Er war einer der ersten Tracks, die während einer Marathonsession aufgenommen wurden; Rice beschreibt ihn als „das Herzstück der Platte“. Schon der Opener „Walk That Easy“ überzeugt. Ein starker Song, gleichzeitig traditionell und modern. Ein Track mit einer satten Portion positiver Message und gewürzt mit so mancher Lebensweisheit. Noch vor drei, vier Jahren hätte man bei diesem dezent philosophischen Text vielleicht die Stirn gerunzelt, es ihm einfach nicht ganz abgekauft. Jetzt ist das anders. Heute glaubt man ihm jedes Wort. Songs wie das wunderschöne Liebeslied „Life Part of Livin'“, das in seiner Melancholie an den großen Gordon Lightfoot erinnernde „I Walk Alone“ oder das verhalten rockende, mit Southern-Rock-Elementen gewürzte „Goodnight Nancy“ (feat. Boy Named Banjo). Sie weisen Chase Rice als fantastischen Storyteller aus. Bevor er mit der hymnischen Ode an die Cowboys (seine Bewunderung für diese Spezies ist unüberhörbar) „I Hate Cowboys“ sein bisher bestes Album beendet, serviert er noch ein paar härtere, im Country-Rock und Americana angesiedelte Tracks: das solide, aber auch etwas durchschnittliche „Bad Day to Be a Cold Beer“, der getragen-mystisch rockende Americana-Track „Oklahoma“ (feat. Read Southall Band) und das an die frühen Rolling Stones erinnernde und damit ganz im Retro-Rhythm & Blues gehaltene „Sorry Momma“. Streckenweise erinnert das Album an die Tradition alter Westcoast-Größen, insbesondere dann, wenn die Band „losgelassen wird“ und der Sound auf sehr geschmackvolle Weise rockig wird. Dieser Chase Rice ein anderer ist als der Typ, der 2014 mit dem Album „Ignite the Night“ die Country-Welt eroberte. Ein schlechterer Künstler aber ist diese neue Version seiner selbst ganz sicher nicht. Im Gegenteil. Obwohl er auf „I Hate Cowboys & All Dogs Go to Hell“ keinen krassen Stilwechsel vollzieht, strahlen die 13 neuen Tracks eine ganz andere Atmosphäre und größeren Tiefgang aus. (Broken Bow Records/BMG/Warner)

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