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Lionel Loueke

Kritik zum Konzert am 2. Februar im Jazzclub in Regensburg

Herbie Hancocks Gitarrist Lionel Loueke spielte eine geniale Hommage im Leeren Beutel

„Dolphin` Dance“, eine wunderbar entspannte, harmonisch anspruchsvolle Jazzkomposition aus Herbie Hancocks 1965er Album „Maiden Voyage“, geriet Lionel Loueke zu einer zarten Hommage an den Komponisten. Seit vielen Jahren gehört der amerikanische Gitarrist fest zur Band des Oscar- und Grammypreisträgers, zugleich einer der erfolgreichsten Jazzmusiker unserer Zeit. Beim Jazzclub gab der in Benin geborene Loueke eines seiner seltenen Solokonzerte. Dabei stellte er hauptsächlich Titel aus den jüngsten Alben „HH“ und „HH Reimagined“ (ohne DJ Gilles Peterson) vor. Mit diesen Tribute-Aufnahmen zollt er seinem einstigen Förderer Respekt und bedankt sich musikalisch bei dem Mentor, der „wie ein Vater für mich ist“, wie Loueke in einer Ansage seine Beziehung zu Hancock beschrieb. Als Jurymitglied eines weltweiten Wettbewerbs hatte dieser Anfang der Nuller Jahre dazu beigetragen, dass Loueke ein Stipendium an der University of Southern California erhielt. Kurz darauf holte er den begnadeten Musiker in sein Ensemble.

Wer beim Auftritt des 48-Jährigen im Leeren Beutel ein Feuerwerk virtuoser Meisterschaft und vertrackten Könnens erwartet hatte, sah sich möglicherweise enttäuscht. Ganz sicher aber waren einige Zuhörer im nahezu voll besetzten Saal überrascht von der Zurückhaltung mit welcher der Künstler die Stücke arrangiert hat und mit beinahe zärtlicher Hingabe spielte. Bereits im ersten Titel stellte er alles an Form, Technik und Ausdrucksmittel heraus, mit welchen er sein Publikum eine gute Stunde lang in den Bann zog. Zur Erweiterung der klanglichen Möglichkeiten präparierte er anfänglich sein siebensaitiges Instrument mit einem Streifen Papier. Beim Spielen nutzte er Loops und Overdups, damit schuf er die Illusion, als seien zwei oder gar mehrere Gitarristen am Werk. Gelegentlich bezog er Decke und Zarge seines Instruments für perkussive Elemente mit ein. In seiner zurückhaltenden Art begann er zu singen und scatten, wobei er auch Schnalz- und Klicklaute einer afrikanischen Sprache verwendete. Über diverse Effektgeräte ließ er die akustische Gitarre aufjaulen und sachte quietschen.

Es ist eine ganz eigene Mischung aus Jazz, afrikanischen und karibischen Elementen, Spuren von Klassik und elektronischen Klängen, die Loueke zur Fusion bringt und in seinem scheinbar vollkommen mühelosen Spiel verschmilzt. Diese Balance aus verschiedenen stilistischen, kulturellen und ethnischen Impulse entfalteten auch beim Regensburger Publikum eine intensive Wirkung, die sich in zunehmend stärker werdendem Applaus entlädt.

Nicht jeder der von Loueke eigenwillig arrangierten Songs war, wie „Dolphin` Street“ und „Butterfly“, auf Anhieb erkenn- und entzifferbar. Hancocks „(Tell me a) Bedtime Story“ beispielsweise entfaltete ohne Ansage einen meditativen Sog, der deutlich über das Original hinausging. Richtig groovy dagegen wurde Loueke mit intensiver Percussion und schrägen Effektklängen in „Watermelon Man“, einem Klassiker und großen Hit Hancocks, der in abertausenden von Versionen durch die Welt schwirrt. Als Zugabe nach dem recht kurzen Set wählte der introvertierte Musiker eine eigene Komposition, die er in Englisch und seiner Heimatsprache sang. Als „Song for Peace“ kündigte er das westafrikanisch geprägte Lied an, welches er mit einer melancholischen Zärtlichkeit spielte, die ihresgleichen sucht. Auch wenn manche Zuhörer sich etwas weniger Loops und etwas mehr Virtuosität gewünscht hätten – Louekes Konzert war eine gitarristische und ästhetische Sternstunde. Michael Scheiner

(gefunden in der Mittelbayerischen Zeitung)