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Cloud Money. Cash, Karte oder Krypto: Warum die Abschaffung des Bargelds unsere Freiheit gefährdet

Brett Scott

Sachbuch, Hardcover, 352 Seiten, Penguin Verlag 2022, 24  Euro
Dass das Bargeld verschwindet, ist die Befürchtung des Journalisten Brett Scott. Er befürchtet ein „unvorstellbares Ausmaß an Überwachung und Datengewinnung“.

Das bargeldlose Bezahlen hat in der Corona-Krise einen regelrechten „Schubs“ bekommen. Durch die Aussage, es sei hygienischer, Geldscheine und Münzen nicht in die Hand zu nehmen, wurden viele, die dem Kartengeld bislang skeptisch gegenüberstanden, zur Verwendung der Plastikkarten animiert. Und immer wieder taucht die Befürchtung auf, dass das Bargeld abgeschafft und komplett durch bargeldlose Bezahlsysteme ersetzt werden solle. So wird beispielsweise in Schweden bereits zu 95 % mit Karte oder digital bezahlt, und auch in anderen europäischen Ländern kann man in vielen Geschäften oder Cafés nur noch bargeldlos bezahlen; in anderen Teilen der Welt (China!) ist dieses System schon längst etabliert.

Dass das Bargeld verschwindet, ist auch die Befürchtung des Journalisten und ehemaligen Brokers Brett Scott, der in seinem Buch „Cloud Money. Cash, Karte oder Krypto: Warum die Abschaffung des Bargelds unsere Freiheit gefährdet“ davor warnt. Er befürchtet ein „unvorstellbares Ausmaß an Überwachung und Datengewinnung“. Denn jede Kartenzahlung hinterlässt Spuren.

Dabei sei die Abkehr vom Bargeld beileibe nicht der Wunsch von vielen Konsumenten. Aber durch gezielte Maßnahmen wird vielfach die Barzahlung erschwert, der Autor spricht sogar von einem richtigen „Krieg gegen das Bargeld“: es seien „mächtige Akteure, die die Gesellschaft beeinflussen und massiv gegen das Bargeldsystem vorgehen.“ So werden von Banken Filialen geschlossen und Bargeldeinzahlungen erschwert. Wenn diese Infrastruktur nicht mehr ausreichend vorhanden ist, dränge man die Menschen automatisch vom Bargeld weg. Und Kreditkartenunternehmen suggerieren in Werbekampagnen, wie einfach und „chic“ das bargeldlose Bezahlen für die Konsumenten sei. Dabei hinterlässt man eine riesige Datenspur. Diese Institutionen sehen das Kaufverhalten der Kartennutzer und profitieren von der Verwertung dieses Wissens. „Diese Daten sind sehr aussagekräftig. Viele dieser Organisationen tauschen sie sogar untereinander aus. PayPal zum Beispiel teilt Daten mit bis zu 600 verschiedenen Organisationen.“

Das Hauptrisiko der bargeldlosen Gesellschaft sieht Scott darin, dass dadurch die Kontrolle des Geldsystems an private Finanz- und Internetgiganten abgegeben wird. Wenn Big Tech und Big Finance immer enger zusammenrücken und mithilfe der allgegenwärtigen digitalen Geräte ihre Macht über uns gefährlich ausbauen, geschehe das zum Nachteil unserer Freiheit und Unabhängigkeit. So entstehe ein enormes Überwachungspotenzial, sowohl für die beteiligten Unternehmen als auch für Staaten. Auswirkungen dieser Überwachungssysteme sind in vielen Ländern bereits sichtbar, beispielsweise in China, wo mithilfe von Einkaufsdaten die Kontrolle der Menschen weiter intensiviert werden könne, bestimmte Gruppen ausgegrenzt oder ihr Verhalten kontrolliert werden kann.

Besonders für ärmere Menschen könne das bargeldlose Bezahlsystem gravierende Folgen haben. Denn „für die Banken sind ärmere Menschen nicht sehr profitabel.“ Und wenn man eine Person sei, die „von Banken nicht gemocht wird, und man plötzlich gezwungen ist, nur noch digital zu zahlen – dann können diese Personen nicht mehr teilhaben, sind ausgeschlossen.“ Auch viele ältere Menschen erleben die Nachteile dieser Entwicklung, wenn beispielsweise im Ort die Bankfiliale schließt und sie keine Unterstützung bei ihren Bankgeschäften mehr erhalten. Denn die Beratung dieser Personen sei zeit- und personalaufwändig und generiere keinen Ertrag für das Geldinstitut.

Im letzten Teil seines Buchs beschäftigt sich Brett Scott mit Kryptogeld und erklärt ausführlich das Blockchain-System. Dabei macht er allerdings deutlich, dass Bitcoin kein Kryptogeld ist, sondern nur kryptografische Zahlen, die keinen Anspruch auf nichts verbriefen. Sie sind ein Sammlerobjekt, das man relativ gut gegen andere Waren eintauschen kann, weil sein Preis laufend an Börsen festgestellt wird, Stablecoins versprechen, durch Bankengeld gedeckt zu sein. Diese können durchaus Turbulenzen im Geldsystem hervorrufen, aber letztlich werden sie auch über Big-Tech-Plattformen ausgegeben und verteilt.

Diese Analysen führen zu der vehementen Forderung nach der Beibehaltung des Bargelds, denn es „bleibt ein Störfaktor im System, es steht der Verschmelzung von Finanzdienstleistungs- und Technologiesektor im Weg, und genau deshalb ist es eine unserer letzten Hoffnungen.“  Denn: Bargeld ist Inklusiv, sicher und die Privatsphäre schützend. (arm)