Sie kommen aus München und Nürnberg: Muddy What? Die drei jungen Musiker um die Geschwister Fabian und Ina Spang sowie Michi Lang haben sich dem New Blues verschrieben, wie sie ihren Sound selbst beschreiben, denn das Trio verpasst dieser traditionellen Stilrichtung eine moderne, erfrischende und unverwechselbare Note. „Diese Band widerspricht den Klischees einer Bluesband: Sie sind jung, sie haben eine weibliche Leadgitarristin, sie spielen in einer ungewöhnlichen Besetzung und sie schreiben ihre eigenen Songs“, heißt es in der Presse (Nürnberger Nachrichten) über das Trio, das bereits international Erfolge vorzuweisen hat und jetzt mit „Spider Legs“ den vierten Longplayer vorlegt. Und dass das Blues-Trio seit Veröffentlichung des vorherigen Albums „Blues For You“ nicht nur diverse Auszeichnungen und Kultur-Awards eingeheimst hat (u.a. den Sieg bei der German Blues Challenge 2021), sondern auch unzählige Konzerte in aller Welt gespielt hat (u.a. USA, Schweden, Tschechien, Holland und Belgien) hört man nicht nur an der technischen Versiertheit der Musiker, mit der sie auf diesem Album genauso glänzen, wie sie es live auf der Bühne tun. Man spürt vor allem auch das: Ihr selbstsicheres Bewusstsein in jedem Ton, den sie in den einzelnen Stücken anschlagen. Waren bei den drei Vorgänger-Alben die Tracks noch durch die MUDDY WHAT?-typischen Eigeninterpretationen von Songs von Bob Dylan, Jimi Hendrix oder Bluesgrößen wie etwa Son House prägend, so strahlt dieses Album in einem ganz eigenständigen Licht: Denn mit „Spider Legs“ veröffentlicht das New-Blues-Trio erstmals eine Platte, auf der ausschließlich Eigenkompositionen zu finden sind.
Der Longplayer birgt neun Song-Juwelen, mit denen das Trio seinen musikalischen Facettenreichtum abbildet. Auf der Bühne sieht man die Musiker flexibel aufgestellt, erlebt sie mal als akustisches Trio (mit Ina an der Mandoline und Michi am Bass) oder mit elektrischem Setup, dann mit E-Gitarren und Schlagzeug. Auf diesem Album springen die Musiker gekonnt zwischen ihren beiden Klangwelten hin und her und schaffen es, den Hörer auf eine harmonische und erfrischend vielfältige Reise durch diesen Sound-Kosmos mitzunehmen. Von der epischen Bluesballade bis hin zur frech folkigen Bluegrass-Nummer: MUDDY WHAT? zeigt einmal mehr, wie spielerisch sich das Trio in einem Genre bewegt, das es zwar „New Blues“ getauft hat, das aber nach allen Seiten hin wunderbar offen und frei zu sein scheint. Mit „Dead Cigars“ startet die Reise in die MUDDY WHAT?-Klangwelten und entführt gleich mit voller Wucht und packend stampfendem Rhythmus. Energiegeladen und mit dem MUDDY WHAT?-typischen Gesang von Fabian Spang wird hier in Blues-Manier die Geschichte einer schwierigen Beziehungskiste erzählt. „When I came into your room last night, it smelled like a million dead cigars“, heißen die ersten Zeilen des Songs. Mit wuchtig tiefem Bass und dichtem 12-String-Rickenbacker-Sound schaffen Fabian Spang und Michi Lang einen herrlich düsteren und vernebelten Bluesteppich, auf dem sich Inas Leadgitarre mal singend, mal mit rotzfrechen Wah-Wah-Sounds austobt. Mit „Much Too Loud“ folgt auf den eher rockigen Einstieg eine schwebend tanzende Ballade in der akustischen Instrumentierung mit Gitarre, Mandoline und Bass. Mit perkussiver Rhythmik von Bass und Gitarre und dem darauf tänzelnden und brillanten Sound der Mandoline ist hier die sanfte Seite des Trios zu hören. Die Lyrics, und das fällt beim gesamten Album auf, bilden auch hier eine charmant erzählte Story mit Tiefsinn. Es geht ums Hin- und Hergerissensein zwischen der Anziehung des anderen und dem Bedürfnis nach eigenem Freiraum: „I can’t hear my own thoughts when you’re around“. In ähnlicher Klangcharakteristik kommen auch „What Would I Do“ und „Can’t Tell a Lie“ (mitsamt Inas berühmter High-Speed-Mandoline) daher. Vor allem aber mit dem Titelsong „Spider Legs“ zeigt sich das Trio in seiner ganzen Dynamik und mit der impulsiven Kraft, mit der das Trio sowohl live als auch auf Platte jenen einzigartigen Sog auslöst. Da ertönen sowohl beschwörende, wabernd klagende als auch erlösend melodiöse Klänge, die den Zuhörer tief einsinken lassen in eine Welt, die von den Musikern behutsam, wie eine riesige Filmkulisse aus Tönen, aufgebaut wird.
Dass MUDDY WHAT? auch mit Instrumentalstücken zu fesseln vermag wird in diesem Album ebenfalls deutlich festgehalten. Aufgenommen wurde das Studioalbum im fränkischen Hilpoltstein: Den Kreuzwirtskeller, der als Live-Veranstaltungsort in der Bluesszene bekannt ist, hat das Trio während einer pandemischen Lock-Down-Phase kurzerhand zum temporären Studio umgebaut. So schufen sie einen Raum für ihre ganz eigene musikalische Welt. Und hier entwickelten sie auch den virtuos aufgebauten Song „Bassmann“. Das Instrumentalstück besticht mit dem knöchernen, charmant bissigen Bass-Solo-Sound von Michi Lang, dessen Rhythmik vom ersten Ton an einnehmend und mitreißend ist. Mehr und mehr entfaltet sich der Song, öffnet sich dann mit den weiter einsetzenden Instrumenten Mandoline und zwölfsaitiger Baritongitarre, um schließlich mit einer wunderbaren Klangvielfalt und Üppigkeit in einem Meer aus Klang und Harmonie aufzugehen. Mit „Spider Legs“ zündet dieses Trio ein atemberaubendes Klangfeuerwerk. (Howlin‘ Who Records) P.Ro
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